Frankfurt am Main. Lufthansa-Chef Carsten Spohr hat eine Pilotenlizenz und ist begeisterter Flieger. Jetzt sucht ausgerechnet die Pilotengewerkschaft die Machtprobe und kündigt erneut Streiks an. Spohr muss zum Ende der Ferien einen teuren Arbeitskampf fürchten.

Drei Tage lang lähmten die Lufthansa-Piloten im April ihr Unternehmen. Tausende Flüge fielen beim härtesten Streik in der Firmengeschichte aus, Hunderttausende Passagiere waren betroffen. Jetzt könnte der Arbeitskampf erneut losgehen - ausgerechnet zum Ende der Ferienzeit.

Um die derzeitigen Regelungen zum Vorruhestand zu retten, macht die mächtige Pilotenvereinigung Cockpit (VC) Druck. Nicht nur für die Passagiere, auch für den neuen Lufthansa-Chef Carsten Spohr kommt die Machtprobe zur Unzeit. Es geht nicht allein um Geld, sondern auch um die Ausrichtung des umsatzstärksten Luftverkehrskonzerns Europas.

Lufthansa unter Kostendruck

"Ab sofort" müsse mit Streiks gerechnet werden, teilte Cockpit mit. Aber ab wann genau die Piloten ihre Arbeit niederlegen - dazu hüllte sich die Gewerkschaft am Wochenende in Schweigen. Nur so viel: "Es wird kein Passagier erst am Flughafen erfahren, dass sein Flug nicht stattfindet. Er wird ausreichend Zeit haben, auf anderem Weg an sein Ziel zu kommen", sagte Cockpit-Vorstandsmitglied Markus Wahl.

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Die Streik-Ankündigung trifft die Lufthansa in einer schwierigen Zeit. Die größte deutsche Fluggesellschaft steht unter Kostendruck. Unter der Führung Spohrs, seit Mai im Amt, sucht die Lufthansa neue Wege, um wieder mehr Geld zu verdienen. Billigangebote sollen ebenso kommen wie Premium-Dienstleistungen. Der Markt wird härter für den umsatzstarken aber vergleichsweise renditeschwachen Konzern. Billigflieger wie Easyjet und Ryanair oder staatlich gestützte Angreifer-Airlines wie Turkish oder Emirates drücken die Margen und machen der "Kranich-Linie" das Leben schwer.

Crews außerhalt der Tarife geplant

Die Lufthansa will Kostennachteile gegenüber Wettbewerbern verringern, dabei sollen die Piloten ein Teil des Konzepts sein. Denn Spohr setzt auf Crews außerhalb der bestehenden Lufthansa-Tarife und auf einen strengen Sparkurs.

Das Personal ist nach dem Kerosin der wichtigste Kostenblock der Airline. Beim jüngsten Tarifstreit im April bezifferte Lufthansa ihre steigenden Pensionsverpflichtungen zum Jahresende 2012 im Inland auf gut elf Milliarden Euro. Etwa 40 Prozent sind davon für die Piloten reserviert, die aber nur 10 Prozent der Belegschaft ausmachen.

Kapitäns-Renten sind hoher Kostenfaktor

Im Schnitt gehen die Lufthansa-Kapitäne derzeit mit knapp 59 Jahren in den Vorruhestand. Sie bekommen bis zum Renteneintritt eine Übergangsversorgung von bis zu 60 Prozent ihres letzten Bruttogehalts. In der obersten Kapitänsstufe beträgt das Grundgehalt 193.000 Euro, inklusive Zulagen können mehr als 255.000 Euro brutto im Jahr erreicht werden. Die Lufthansa will das Eintrittsalter in den Vorruhestand wegen der hohen Kosten und der auf 65 Jahre hochgesetzten Altersgrenze für Verkehrspiloten merklich erhöhen.

Dagegen wendet sich die Gewerkschaft. "Man kann einen Piloten nicht ins Cockpit zwingen, der sich nicht fit fühlt", hatte sich der VC-Präsident Ilja Schulz beim dreitägigen Streik im Frühjahr verteidigt. Die Belastungen im Alter seien hoch, Mitarbeiter müssten vorzeitig ausscheiden können und trotzdem eine gesicherte Altersversorgung haben.

Streiks, Flugausfälle, Imageschaden drohen

Dagegen betonte die Lufthansa mit Blick auf die erneute Streikandrohung der Piloten, es gehe darum, die Wettbewerbsfähigkeit des Konzerns "gemeinsam in einem enorm schwierigen Marktumfeld" zu sichern. Es gebe keinen Grund, die Gespräche nun zu beenden. "Diese Entscheidung ist in keiner Art und Weise nachvollziehbar."

Dennoch drohen nun Streiks, Flugausfälle und ein Imageschaden für die Lufthansa. Und als wäre das nicht genug: Sollte es zum erneuten Ausstand kommen, könnte das Umsteigen auf die Bahn dieses Mal zum Problem werden. Auch die Lokführergewerkschaft GDL steckt in einem Tarifkonflikt. Am kommenden Mittwoch (27. August) haben die Lokführer in Fulda zunächst zu einer Protestversammlung aufgerufen. (dpa)