Berlin. .
2014 wird für die Deutsche Bahn AG zum Problem-Jahr. Die Gewinne sind eingebrochen. Buslinien nehmen ihr Fahrgäste weg. Sommersturm „Ela“ hat die Strecken im Ruhrgebiet verwüstet. Jetzt droht ein Herbst-Streik der Lokführer. Schon im September könnten der Schienenverkehr in Deutschland – oder zumindest Teile davon – lahm liegen.
Dass in der aktuellen Tarifauseinandersetzung über die Gehälter der Lokführer so viel Brisanz steckt, hat weniger mit zu großer Hartleibigkeit des staatlichen Arbeitgebers zu tun. Eine verschärfte Konkurrenz zwischen den Bahngewerkschaften trägt dazu bei, dass die Luft bleihaltig ist: die der großen Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG, die 200 000 Mitglieder organisiert, und der kleineren der Lokomotivführer GDL, hinter der 34 000 – wichtige – Eisenbahner stehen.
Friedensvertragist ausgelaufen
Die GDL, die nach einem seit 2007 geltenden Waffenstillstand beider Arbeitnehmerorganisationen für die Forderungen des Lokpersonals zuständig war, will fünf Prozent mehr Lohn und zwei Stunden weniger Arbeitszeit. Weil der Friedensvertrag mit der Kompetenzaufteilung aber Ende Juni ausgelaufen ist, hat ihr Chef Klaus Weselsky die Forderung auf 17 000 Mitarbeiter ausgedehnt, die noch zum Zugpersonal gehören: Ticket-Kontrolleure, Rangierführer, die Bedienung in den Bistro-Wagen. Ihre Arbeitsbedingungen waren bisher das Terrain der EVG.
„Blanke Tarifdiktate“, ausgehandelt zwischen Bahn-Spitze und EVG, werde er nicht mehr zulassen, tönt Weselsky, „Unterwerfung kann von uns niemand verlangen“. Alexander Kirchner, Boss der großen Konkurrenz, die erst am Montag ihre Messlatte für einen neuen Tarifvertrag in ihrem angestammten Bereich auf den Tisch legen will, sieht das als Kampfansage. Er fürchtet, dass Weselsky Zug um Zug weitere Claims für sich beansprucht, um den Einfluss der GDL zu stärken. Bahn-Personalchef Ulrich Weber macht sich wegen des Konflikts noch ein paar Sorgen mehr: Wie soll er es im Alltag managen, wenn mit mehreren Gewerkschaften verhandelte, inhaltlich verschiedene Tarifabschlüsse mit unterschiedlichen Arbeitszeiten für die gleichen Berufsgruppen gelten? „Ich brauche klare Geschäftsgrundlagen“, sagt Weber.
Erster Aktionstagam 27. August
Zur Befriedung hat die Bahn jetzt vorgeschlagen, dass Gespräche zunächst ausgesetzt werden, bis die Gewerkschaften untereinander einig sind. Jedem Lokführer will sie zudem für das zweite Halbjahr 2014 350 Euro pauschal überweisen. Beide Angebote lehnt GDL-Chef Weselsky ab. Am 27. August kommt es zu einem ersten „Aktionstag“ der Lokführer-Gewerkschaft. Ob sich der auf den Betrieb auswirkt? Noch offen.