Berlin. Die Eltern meinten es gut: Im Todesfall sollten ihre drei Kinder die Immobilien gemeinsam erben. Die Geschwister fanden sich in einer Erbengemeinschaft wieder - und das gab schnell Streit. Kein Wunder, denn Erbengemeinschaften bergen enormes Konfliktpotenzial.
Klare Festlegungen, wer nach dem Tod was erbt, können viel Streit verhindern. Hat der Erblasser kein Testament gemacht hat und gilt deshalb die gesetzliche Erbfolge, oder hat er mehrere Erben eingesetzt, entsteht laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB, Paragraf 1922) eine Erbengemeinschaft. Nach dem Willen des Gesetzes zielt die Gemeinschaft darauf, den Nachlass zu teilen. Das kann aber leicht Streit geben.
"Jedem Miterben gehört der gesamte Nachlass. Es besteht also keine Zuordnung einzelner Gegenstände", sagt Anton Steiner, Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht (DFE) in München. Auto, Haus, wertvolle Sammlungen, Schmuck und Ähnliches gehört allen zusammen. Hinzu kommt: "Jeder kann mitbestimmen, mitverwalten. Daher kann aber auch jeder die anderen schikanieren, blockieren", warnt Steiner. Außerdem könne jeder die Versteigerung von Nachlassgegenständen erzwingen, auch gegen den Willen der anderen.
Geld lässt sich am einfachsten teilen
In der Konsequenz kann es einer Mutter passieren, dass der miterbende Sohn die Versteigerung des von ihr bewohnten Hauses durchsetzt. Das Versteigerungsrecht kommt häufig als Druckmittel gegen Miterben zum Einsatz. "Angenommen, dem Sohn steht die Hälfte des Hauses zu. Er glaubt, es sei 100.000 Euro wert, die Mutter setzt 80.000 Euro an und will dem Sohn nur 40.000 Euro zugestehen", erklärt Jan Bittler von der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge (DVEV). Bleibt die Frau hart, könnte der Sohn die Immobilie zwangsversteigern lassen. Den Erlös müsste er mit seiner Mutter teilen.
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Grundsätzlich haben die Mitglieder einer Erbengemeinschaft die gleichen Pflichten und Rechte. Dazu gehört, dass jeder die Teilung des Nachlasses verlangen darf. Geld ist am einfachsten zu teilen, sagt Bittler. Schwieriger wird es etwa mit Goldbarren, Unternehmensanteilen oder Fahrzeugen. Einigen die Erben sich nicht, bleibt das Verkaufen: "Im Zweifel ist alles zu veräußern und zu Geld zu machen", sagt der Fachanwalt für Erbrecht.
Niemand genießt Vorrechte
Der Anteil des Einzelnen hängt einzig von seiner Quote ab, die sich in der Regel aus der gesetzlichen Erbfolge ergibt. Teilen zum Beispiel Mutter und zwei Kinder, stehen der Mutter grundsätzlich 50 Prozent und den Kindern je 25 Prozent des Werts der Erbmasse zu. Niemand genießt Vorrechte - etwa weil er Omas Liebling war, eine Vorliebe für Schmuck hat oder aufgrund von Alter und Geschlecht. Eine Ausnahme besteht für Ehegatten: Sie dürfen laut BGB Dinge aus dem Haushalt übernehmen.
Bis zur endgültigen Teilung der Erbmasse kann die Erbengemeinschaft nur zusammen über den Umgang mit den Vermögenswerten entscheiden. Beschlüsse, auch über den Verkauf, sind einstimmig zu fassen. Sämtliche Mitglieder haben gleiches Stimmrecht. Praktisch kann so derjenige mit der niedrigsten Erbquote sämtliche Entscheidungen blockieren. Spätestens an dem Punkt werden oft "innerfamiliäre Spannungen ausgelebt und alte Rechnungen beglichen", sagt der Anwalt Holger Siebert von der Deutschen Gesellschaft für Erbrechtskunde (DGE). Am verbissensten streiten seiner Erfahrung nach Geschwister.
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Mit durchdachtem Testament vorbeugen
Zermürbenden Auseinandersetzungen lässt sich mit einem durchdachten Testament vorbeugen. Darin könnte der Erblasser zum Beispiel die wichtigsten Gegenstände bestimmten Menschen zuweisen oder eine Teilungsanordnung bestimmen, erläutert Anton Steiner. Eine weitere Option sind Vermächtnisse. Sie haben außerdem den Vorteil, dass liebgewonnene Menschen wie Freunde und Nachbarn im Testament bedacht werden, ohne zu erben. So bleiben Familienfremde in der Erbengemeinschaft außen vor. Kinderlose Ehepaare haben die Möglichkeit, sich testamentarisch gegenseitig als Alleinerben einzusetzen. Sie verhindern damit, dass der überlebende Partner sich in einer Erbengemeinschaft mit anderen arrangieren muss.
Eine einvernehmliche Vermögenstrennung ist oft schwierig, geht aber: "Einer der Miterben ergreift die Initiative und lädt die anderen an einen Tisch", erläutert DGE-Experte Siebert. Hilfreich ist, bereits im Vorfeld Empfindlichkeiten zu bedenken, damit die heiklen Gespräche in möglichst spannungsfreier Atmosphäre ablaufen. Am Tisch steht Brainstorming auf der Agenda: "Fragen, ob jemand bestimmte Dinge aus der Erbmasse haben will und eine Schnittmenge suchen."
Will einer das Haus, bekommt der andere einen Ausgleich in Sachwerten oder Geld. Bei der Wertermittlung des Nachlasses beugt das Einschalten neutraler Gutachter Streit vor. Ist die Erbengemeinschaft einig geworden, erstellt sie einen Teilungsplan, den alle Mitglieder unterschreiben. Bei Immobilien ist der Notar hinzuziehen. Wenn die beschlossene Teilung durchgeführt ist, endet die Erbengemeinschaft. Fristen für diesen Ablauf gibt es nicht. Allerdings ist die Aufteilung laut Gesetz erst erlaubt, wenn sämtliche Nachlassverbindlichkeiten beglichen sind. (dpa)