Berlin..
Bürger in Europa werden nach Einschätzung der Verbraucherorganisation Foodwatch zu wenig vor Lebensmittelskandalen oder Täuschung im Supermarkt geschützt. „Wir haben ein sehr gutes Lebensmittelrecht“, sagt Foodwatch-Chef Thilo Bode. Doch die darauf fußenden Gesetze erwiesen sich als wirkungslos, wie immer neue Lebensmittelskandale zeigten.
Die EU hat sich Regeln zum Schutz der Kunden vor Irreführung und zu einer gesundheitlichen Vorsorge auf die Fahne geschrieben. Doch Foodwatch hat den Rechtsrahmen analysiert und sieht etliche Lücken in der praktischen Umsetzung beider Ziele. Ein Beispiel dafür sieht Bode in der Futtermittelherstellung. Nach dem letzten Skandal um Dioxin im Futter habe sich trotz angekündigter Gegenmaßnahmen nichts geändert. Denn die Hersteller wurden nicht zu einer Kontrolle aller Lieferungen verpflichtet. Damit ist der Nachweis einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verschmutzung von Futtermitteln nicht mehr möglich. Strafen haben die Betriebe somit nicht zu befürchten. „Die Forderung der Politiker nach höheren Strafen sind wirkungslos“, kritisiert Bode und fordert eine Pflicht zur Prüfung aller Chargen.
Ähnlich schwach steht es um den Verbraucherschutz laut Foodwatch im Falle des Pferdefleischskandals. Da der Handel die von ihm angebotenen Eigenmarken nicht untersuchen muss, bleibt der Verkauf von Lasagne oder Bolognese aus Pferdefleisch für die Unternehmen ohne Konsequenzen. Die meldepflichtigen Kontrollen entdecken Missstände erst, wenn die Produkte schon auf dem Markt sind.
An Beispielen für eher wirtschaftsfreundliche Gesetzesregelungen mangele es nicht. So seien Warnhinweise auf Azo-Farbstoffe, die Eis oder Süßwaren färben, in Minischrift auf den Verpackungen gedruckt, obwohl sie im Verdacht stehen, ADHS auszulösen. Belastungsgrenzen für Uran gibt es zwar im Leitungswasser, nicht jedoch im Mineralwasser.
Foodwatch fordert ein System, mit dem die Lebensmittelproduktion vollständig rückverfolgt werden kann. Außerdem verlangt Bode, dass auch Unternehmen für Verfehlungen bestraft werden können, nicht nur einzelne Personen. Schließlich plädiert die Organisation für ein Verbandsklagerecht gegen Lebensmittelgesetze.