Berlin. . In diesem Herbst ist es 25 Jahre her, dass die Mauer zwischen der DDR und der BRD fiel. Am Anfang klappte es nicht mit den blühenden Landschaften. Doch mittlerweile sieht es viel besser aus. Glaucha, ein Stadtteil von Halle an der Saale, ist eines von vielen Beispielen für den gelungenen Wandel.

Bis vor wenigen Jahren war Glaucha, ein Stadtteil von Halle an der Saale, ein trister Ort. Viele der Wohnhäuser standen leer und verfielen. Die Eigentümer interessierten sich nicht für ihre Immobilien, weil keine Mieter zu finden waren. Das hat sich geändert. Heute ist Glaucha ein begehrter Wohnort, junge Leute, aber auch Familien mit gutem Einkommen ziehen hin. Zahlreiche der im 19. Jahrhundert errichteten Gebäude sind renoviert. Ein Grund: Der Hallenser Stadtverwaltung ist es gelungen, die Anwohner an der Planung teilhaben zu lassen.

In diesem Herbst ist es 25 Jahre her, dass die Mauer zwischen der DDR und der BRD fiel. Am Anfang klappte es nicht mit den blühenden Landschaften, die Kanzler Helmut Kohl versprochen hatte. Jetzt jedoch, fast eine Generation später, sieht vieles viel besser aus. Wie ist es ostdeutschen Städten und Regionen geglückt, eine positive Entwicklung in Gang zu setzen?

Stadtplaner Steffen Fliegner aus Halle erklärt, dass die Stadtverwaltung, nachdem alles nichts geholfen hatte, ein neues Konzept ausprobierte. „Für Glaucha haben wir einen sogenannten Eigentümermoderater beauftragt, der Besitzern von Wohnhäusern in schlechtem Zustand Beratung und öffentliche Mittel zur baulichen Sicherung anbot.“ Der Moderator war ein externer Fachmann für Sanierung. Er konnte den Hausbesitzern erklären, wie der Verfall mit vertretbarem Aufwand zu stoppen war. „Dadurch gelang es, bei vielen Eigentümern neues Interesse für ihre Immobilien zu wecken“, sagt Fliegner. Auch ökonomischer Erfolg stellte sich ein: Plötzlich waren Wohnungen im Stadtteil wieder vermietbar.

Ein zweiter Faktor kam hinzu. Junge Leute, die dem Niedergang nicht mehr zusehen wollten, begannen Konzerte und Ausstellungen zu organisieren. Ein Grundstücksbesitzer stellte eine Brache zur Verfügung. Dann räumte die Initiative auf, buddelte und pflanzte – so entstand eine Grünfläche für alle Anwohner.

Nicht nur in Halle sind solche Ideen gewachsen

Nicht nur in Halle kam man auf solche Ideen. „Die Verwaltungen von Görlitz und Leipzig fanden ebenfalls Wege, ihre Bürger intensiver in die Stadtentwicklung einzubeziehen“, sagt Ricarda Pätzold vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) in Berlin. Die Stadt an der Neiße wurde beispielsweise durch die Aktion „Probewohnen“ bekannt. Bürger konnten Wohnungen in der Innenstadt für eine Woche mietfrei ausprobieren. Der Sinn: Görlitz wollte zusätzliche Leute in die Jugendstilviertel im Zentrum locken – schließlich mit einem gewissen Erfolg.

Leipzig machte mit sogenannten Gestaltungsvereinbarungen gute Erfahrungen. Dabei können Grundstücksbesitzer ungenutzte Flächen vertraglich abgesichert an Zwischennutzer übertragen. Erstere müssen beispielsweise keine Grundsteuer zahlen, Letztere dürfen vorübergehend ihre Projekte verwirklichen. Leipzigs Ruf, ein attraktiver und kreativer Ort zu sein, hat wohl auch mit solchen Experimenten von oben zu tun. „Eine wichtige Voraussetzung für Erfolge in der Stadtentwicklung ist, dass die Verwaltung die Interessen der Bürger ernst nimmt und offen ist für neue Ideen“, so Pätzold.

An Traditionen anknüpfen

Wenn zusätzliche Bürger in eine Stadt ziehen, existiert eine wichtige Voraussetzung für Aufschwung: Dann nimmt die Nachfrage zu, Geschäfte und Firmen können neue Stellen einrichten, die Steuereinnahmen wachsen. Hinzukommen sollte aber auch eine Wirtschaftspolitik, die die „regionalen Begabungen“ berücksichtigt, sagt Difu-Mitarbeiterin Pätzold.

Was ist das? Viele Städte und Regionen haben über die Jahrhunderte ökonomische Spezialisierungen entwickelt. So spielten in Sachsen Textilfertigung und Maschinenbau eine große Rolle, im Ruhrgebiet Kohleförderung und Metallerzeugung. An solche Traditionen anzuknüpfen und sie zu modernisieren, ist Dresden mit der Elektronikindustrie geglückt, Chemnitz mit dem Maschinenbau und Jena in der Fertigung optischer Geräte.

Aber es gibt auch Beispiele des Scheiterns. Frankfurt/ Oder gehört dazu. In der Nachfolge des DDR-Halbleiterwerks wollte man dort mit Hilfe ausländischer Investitionen eine Fabrik für Computerchips aufbauen. Monostrukturen, die ihrer Umgebung fremd bleiben, bringen aber eher neue Probleme.