Stockholm. Ein Jahr nach der Übernahme des finnischen Mobilfunk-Pioniers Nokia durch den US-Softwarekonzern Microsoft bleibt nicht mehr viel übrig vom einstigen Weltmarktführer für Mobiltelefone. Microsoft-Chef Satya Nadella gab bekannt, dass jeder Zweite von 25.000 Nokianern entlassen werde.

Ein Jahr nach der Übernahme des finnischen Mobilfunk-Pioniers Nokia durch den US-Softwarekonzern Microsoft bleibt nicht mehr viel übrig vom einstigen Weltmarktführer für Mobiltelefone. Bereits vor der Übernahme gab es Massenentlassungen, ganze Abteilungen wurden zerlegt. Nun kommt es noch schlimmer. Vergangenen Donnerstag verkündete Microsoft-Chef Satya Nadella, dass jeder Zweite von 25.000 Nokianern in den kommenden Monaten entlassen werde. Insgesamt hatte Microsoft den Abbau von 18.000 Jobs angekündigt.

Damit geht das beinahe 150 Jahre alte Traditionsunternehmen, das einst Gummistiefel und Fahrradreifen herstellte, harten Zeiten entgegen. Die Hoffnungen, die Amerikaner könnten dem Handy-Hersteller neues Leben einhauchen, sind verflogen, die Strategie von Microsoft ist gescheitert. Nadellas Vorgänger Steve Ballmer hatte versucht, mit der Übernahme von Nokias Handysparte Geräte und Software aus einer Hand anzubieten. Apple war das Vorbild. Doch die Nokia-Geräte mit dem Betriebssystem Windows Phone und das Microsoft-Tablet „Surface“ wurden keine Verkaufsschlager.

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Nadella, der damals gegen den Kauf von Nokias Handysparte gewesen sein soll, will Microsoft nun zurück zu seinen Kernkompetenzen Software und Cloud-Dienste führen. Da steht das einst wichtigste Unternehmen Finnlands wie altes Gerümpel im Weg.

Mitarbeiter sind geschockt

Am Microsoft-Standort Oulu sind die Mitarbeiter geschockt über die scheinbar nicht enden wollende Demontage. Der dortige Standort für Forschung und Entwicklung mit 500 Mitarbeitern wird geschlossen. Insgesamt verschwinden 1100 Jobs allein in Finnland. Noch im September hatte Ballmer den Mitarbeitern bei einem Besuch in Oulu versprochen, dass die Produktion weiterlaufe. „Nun ist das schlimmste Szenario eingetreten“, sagte Arbeitnehmervertreter Timo Pukinkorva im finnischen Rundfunk. „Es wurde ganz still im Büro, als die Nachricht kam. Ich konnte zunächst nicht fassen, was ich da hörte. Dass dies nun wirklich das Ende ist“, so Mitarbeiterin Tiina Noramo.

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Finnlands bürgerlicher Ministerpräsident Alexander Stubb versuchte indes, die Wogen zu glätten. Er habe mit Microsofts Vizechef Stephen Elop telefoniert. Immerhin sei es eine gute Nachricht, dass Microsoft die finnischen Standorte Tampere, Salo und Espoo beibehalten wolle. „Multinationale Konzerne sind die Luft, die wir atmen“, warb er um Verständnis.

Soziale Verantwortung übernehmen

Finanzminister und Ex-Gewerkschaftsboss Antti Rinne forderte Microsoft auf, soziale Verantwortung für die entlassenen Mitarbeiter zu übernehmen und seine Versprechen zum Standort Finnland einzuhalten. Das dürfte in Bochum Erinnerungen an 2008 wecken, als Nokia das Ruhrgebietswerk mit 2300 Mitarbeitern quasi über Nacht schloss, um die Produktion nach Rumänien zu verlagern.

Viele Finnen sind noch immer erbost über Stephen Elop, der 2010 als vermeintlicher Retter von Microsoft zu Nokia kam. Der Handygigant sollte so wieder auf Vordermann gebracht werden. Nachdem Elop aber nur drei Jahre später Nokias Handysparte für 5,4 Milliarden Euro an Microsoft verkaufte, warfen ihm die abservierte alte Nokia-Führungsriege wie auch finnische Politiker und Gewerkschaftler vor, als trojanisches Pferd nach Finnland gekommen zu sein. Er habe Nokia weiter herunter gewirtschaftet, um den Konzern billig an Microsoft übergeben zu können.

Von der Hoffnung, Finnland könnte Microsofts europäisches Entwicklungszentrum werden, ist nicht viel geblieben.