Berlin/Hagen. .
Viele Bürger in NRW sind vom schnellen Internet abgeschnitten. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor. Demnach haben 1,7 von 8,7 Millionen Haushalten in NRW keinen Zugang zu schnellem Internet – das heißt, sie haben kleinere Verbindungsraten als 16 Megabit pro Sekunde (Mbit/s).
Das langsame Internet ist gerade in ländlichen Regionen ein Problem. In Heinsberg und Coesfeld zum Beispiel gibt es in jedem zweiten Haushalt nicht die Möglichkeit, 16 Megabit pro Sekunde abzurufen. Im Kreis Olpe und im Kreis Kleve sieht es kaum besser aus. Hier sind es 44 beziehungsweise 40 Prozent der Haushalte.
Im Durchschnitt sind in NRW etwa 20 Prozent der Haushalte eingeschränkt in ihrer Internetnutzung. Etwas besser ist die Situation im Hochsauerlandkreis (16,2 Prozent) und in Hagen (13,2 Prozent). Unter dem Durchschnitt liegt der Ennepe-Ruhr-Kreis (29,1 Prozent).
Auch in Ruhrgebietsstädten ist ein schnelles Internet keine Selbstverständlichkeit. Aus der von der Bundesregierung vorgelegten Statistik zur Breitbandversorgung geht hervor, dass in Oberhausen 17,8 Prozent der Haushalte über keinen Anschluss mit mindestens 16 Megabit pro Sekunde verfügen. In Herne sind es 17,2 Prozent und in Bottrop 12,4 Prozent. Zum Vergleich: In Bonn, wo sich der Sitz der Deutschen Telekom befindet, sind es gerade einmal 0,7 Prozent.
Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn fordert ein Recht auf einen schnellen Internetzugang. „Die Bundesregierung muss das schleunigst im Telekommunikationsgesetz verankern“, sagte Höhn dieser Zeitung. „Jeder, der einen schnellen Internetanschluss beantragt, sollte auch das Recht darauf haben.“ In der Schweiz oder Finnland gebe es so etwas schon. „Die Post muss auch die Briefe auf jede Alm liefern. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit. Alle Regionen in Deutschland brauchen ähnliche Entwicklungschancen.“
Für viele Menschen sei das langsame Internet ein Ärgernis, sagte die Grünen-Politikerin Höhn. In Berlin-Mitte benötige man in der Regel gerade einmal drei Minuten, um eine Musikdatei mit dem Volumen einer CD herunterzuladen. „In vielen ländlichen Gemeinden dauert die gleiche Datenmenge mehr als eine Stunde.“ Gerade für Unternehmen sei das langsame Internet „nicht nur ärgerlich, sondern ein echter Standortnachteil“, fügte Höhn hinzu. Das Verschicken größerer Datenmengen könne mitunter Ewigkeiten dauern. Videokonferenzen seien mit solchen Werten auch schwer möglich.
Online-Videotheken verbuchen Zuwächse, die Zahl der Digitalangebote wächst. Daher sind auch immer schnellere Netze erforderlich. Vor drei Jahren waren die Grünen im Bundestag noch der Ansicht, sechs Megabit pro Sekunde seien für die Grundversorgung ausreichend. Heute ist schon von 16 Megabit pro Sekunde die Rede.
Für Konzerne wie die Telekom lohnt es sich oft nicht, in ländlichen Regionen das Netz auszubauen. Deshalb wird vorrangig in den Städten investiert. Als Alternative zum Festnetz setzen die Unternehmen zunehmend auf die Mobilfunk-Technologie LTE („Long Term Evolution“), die schnelles Internet ohne Breitbandanschluss ermöglichen soll. Bei den Funkmasten gibt es grundsätzlich ein ähnliches Problem wie beim Breitbandkabel: Die Installation muss wirtschaftlich sein. Damit wirklich jeder Bürger einen Zugang zum schnellen Internet bekomme, sei ein Rechtsanspruch erforderlich, heißt es bei den Grünen.
Um flächendeckend ein schnelles Internet in Deutschland zu ermöglichen, sind millionenschwere Investitionen erforderlich. Die Kosten sollen dabei nach Plänen der Grünen auf alle Anschlussinhaber umgelegt werden. Denkbar sei ein Fonds, an dem sich die Endkundenanbieter wie die Telekom oder 1&1 je nach Marktanteil beteiligen müssen. Zu vermuten ist, dass die Unternehmen die Kosten auf ihre Kunden abwälzen würden.