. Der Volkswagen-Konzern plant nach einem Medienbericht die Übernahme des italienischen Fiat-Konzerns. Über dessen Tochter Chrysler wollen die Wolfsburger Fuß auf dem für sie schwierigen US-Markt fassen, heißt es. Fiat wies die Spekulationen über Fusionsgespräche zurück. VW wollte sich nicht äußern.

Noch vor zwei Tagen verordnete Volkswagen-Chef Martin Winterkorn der Marke VW ein radikales Sparprogramm von fünf Milliarden Euro. Seit gestern wird nun spekuliert, dass Deutschlands größter Autobauer nach dem italienischen Konzern Fiat/Chrysler greift. Für den Duisburger Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer ein „klarer Fall von Realitätsverlust“, wie er dieser Zeitung sagte.

Das „Manager Magazin“ hatte gestern gemeldet, dass VW-Großaktionär Ferdinand Piëch und die Fiat-Haupteignerfamilien „bereits diverse Gespräche geführt“ hätten. Dabei soll es um eine Übernahme oder Teilübernahme gegangen sein. Dem Blatt zufolge hat Volkswagen gerade auf Fiats US-Tochter Chrysler ein Auge geworfen.

Nur 2,2 Prozent Marktanteil in USA

Der Wolfsburger Konzern, der das Ziel verfolgt, größter Autobauer der Welt zu werden, hat Schwierigkeiten, auf dem bedeutenden amerikanischen Markt Fuß zu fassen. Das belegen Zahlen des Duisburger Autoprofessors Dudenhöffer. Danach wurden im ersten Halbjahr in den USA gerade einmal 179 144 Pkw der Marke VW zugelassen. Das entspricht einem Marktanteil von 2,2 Prozent. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 2,6 Prozent. Bei den Neuzulassungen in den USA führen Ford, General Motors, Chevrolet und Chrysler klar die Hitliste an.

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Von der Fiat-Tochter Chrysler will Volkswagen offenbar profitieren. Mit dem möglichen Zukauf könnten die Wolfsburger die Schwäche der eigenen Kernmarke in den USA ausgleichen, heißt es. Chryslers engmaschiges Händlernetz sowie die erfolgreichen Geländewagen und Pick-ups, so die Hoffnung, würden die Aufstellung der Wolfsburger in den Vereinigten Staaten zudem passgenau ergänzen.

Autoexperte Dudenhöffer bezweifelt, dass VW über Chrysler mehr Präsenz auf dem US-Markt gewinnen könne. „Die Marke VW ist selbst ein Sanierungsfall, Sie hat zu viele Modelle, zu hohe Kosten und eine zu geringe Rendite“, sagt der Professor. In den USA komme hinzu, dass VW dort „ein verwischtes Bild“ biete. „Die amerikanischen Kunden verstehen die Marke VW nicht“, so Dudenhöffer. „Die Risiken einer Übernahme wären nicht beherrschbar.“

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Fiat-Eigentümer dementieren

Was an den Fusionsgerüchten nun wirklich dran ist, blieb gestern offen. Die Agnelli-Familie jedenfalls hat als größter Fiat-Aktionär eine mögliche Übernahme des italienischen Autobauers durch Volkswagen zurückgewiesen. Es hätten keine Gespräche über eine Fusion stattgefunden, sagte ein Sprecher der Exor-Holding, in der die Familie ihre 30 Prozent Anteile an Fiat gebündelt hat. Auch Fiat selbst dementierte, nachdem der Konzern sich erst bedeckt gehalten hatte.

Ein VW-Konzernsprecher bekräftigte, dass das Unternehmen den Bericht des „Manager Magazin“ nicht kommentiere. Zu Marktspekulationen nehme man grundsätzlich keine Stellung. Unabhängig von dieser generellen Linie ergänzte der Sprecher aber: „Derzeit stehen keine Übernahmeprojekte auf der Agenda.“

Volkswagen-Aktien verloren nach den ersten Berichten bis zu drei Prozent, während Fiat-Papiere zulegten.