Mülheim. . Karl-Erivan Haub, Chef der Mülheimer Unternehmensgruppe, ist zufrieden: Vor allem bei Kik und Obi läuft es rund. Probleme bereiten aber die Supermärkte. Das Filialnetz wurde im vergangenen Jahr um elf Standorte auf 501 Märkte reduziert, weitere 27 Filialen wurden und werden in diesen Wochen aufgegeben.

Die gute Stimmung durch die Fußball-WM greift Karl-Erivan Haub, geschäftsführender Gesellschafter der weltweit agierenden Unternehmensgruppe Tengelmann, gerne auf: „Deutschland steht derzeit nicht nur im Fußball glänzend da“, sagt er und bezieht dies ausdrücklich auf die Wirtschaft – und auf das eigene Haus. Auch im 147. Geschäftsjahr erzielte das Familienunternehmen aus Mülheim ein positives Ergebnis, der Nettoumsatz lag Ende 2013 bei 7,82 Milliarden Euro (brutto, also unter anderem inklusive Mehrwertsteuer: 11,1 Milliarden). Und der Blick auf die aktuellen Zahlen bereiten ihm noch mehr Freude. Da pendelt manche Konzerntochter um die zweistelligen Zuwächse.

Ein Grund dafür ist die weiter zunehmende Digitalisierung des Handels, die dem Kunden eine schier unbegrenzte Anzahl von Einkaufsmöglichkeiten zu jeder Tages- und Nachtzeit beschert – und den Unternehmen neue Märkte. „Wir sind über die Tengelmann Ventures an über 30 jungen Internet-Start-ups beteiligt und fördern Unternehmensgründungen“, so Haub. Er sei ständig auf der Suche nach neuen Geschäftsfeldern. Eines davon ist die Schaffung von Wohnraum auf Zeit, komplett eingerichtet. „Wir sehen hier einen enormen Bedarf.“ Das kann Wohnraum für Studenten sein, wie ihn Tengelmann in Köln und Mülheim entwickelt, oder auch Wohnraum für Geschäftsleute, Arbeitnehmer, die für eine begrenzte Zeit in einer Stadt weilen. In Berlin steigt das Unternehmen ebenfalls in den Wohnmarkt ein. Als Zielmarke nennt Haub für diese Geschäfts-Sparte an die 1000 Wohneinheiten.

Eine der größten Herausforderungen sieht er beim Supermarktunternehmen Kaiser’s Tengelmann, wo knapp 17 400 der insgesamt 73 000 Mitarbeiter beschäftigt sind. Das Filialnetz wurde im vergangenen Jahr um elf Standorte auf 501 Märkte reduziert, weitere 27 Filialen wurden und werden in diesen Wochen aufgegeben. „Ich weiß, dass dies für Kunden sehr schmerzhaft ist, aber es sind manche Standorte schon länger nicht mehr rentabel.“ Das Unternehmen lässt zurzeit eine Studie zu Kaiser’s Tengelmann erstellen. Im Herbst, so Haub, sollen die Ergebnisse vorliegen. Möglich sind aus seiner Sicht neue Formen von Kooperationen oder Partnerschaften.

Kik und Obi legen zu

Als „Gewinner der Branche“ bezeichnet Haub die Textilsparte Kik, die inzwischen in neun Ländern mit 3255 Filialen vertreten ist. Mit einem Plus von 6,8 Prozent schloss Kik das abgelaufene Geschäftsjahr ab und entwickelt sich damit gegen den Marktrend. Ein klares Bekenntnis legt Haub zum Beschaffungsland Bangladesch ab, aus dem sich viele Einkäufer nach der Katastrophe in einer großen Textilfabrik zurückzögen. „Das ist die nächste Tragödie für das Land. Die Menschen verlieren auch noch ihre Arbeitsplätze“, beklagt Haub.

Auf einem guten Weg sieht sich das Familienunternehmen auch bei seiner Baumarktkette Obi, die im letzten Jahr, vor allem wegen der langen Frostperiode, bei 4,07 Milliarden Euro Nettoumsatz ein leichtes Minus einfuhr. Inzwischen liegt Obi wieder auf der Erfolgsspur, auch wegen der Praktiker-Pleite. An 567 Standorten in zehn Ländern ist Obi mittlerweile vertreten, allein in München, wo Obi zwischenzeitlich nicht war, sind fünf Märkte entstanden. Die Expansion geht weiter: Polen, Italien, Russland, bis zu 23 Neueröffnungen sind in diesem Jahr geplant.