Bergheim. .
Der Sturzflug der Strom-Großhandelspreise und die zunehmende Verdrängung konventioneller Kraftwerke aus dem Netz zwingen den angeschlagenen Essener Energiekonzern RWE weiter zu radikalen Schnitten.
„Es brennt, und es muss dringend eingegriffen werden“, sagte Matthias Hartung, Chef der RWE-Kraftwerkstochter „Generation/Power“. Da das Betriebsergebnis des Versorgers im ersten Quartal 2014 um ein Viertel geringer ausfiel als im Vorjahr, müsse die Wirtschaftlichkeit jedes einzelnen Kraftwerks auf den Prüfstand gestellt werden. „Ich kann nicht ausschließen, dass es zu weiteren Stilllegungen kommt“, sagte Hartung.
RWE hat seit Anfang 2013 bereits Anlagen mit einer Leistung von über 12 600 Megawatt eingemottet oder stillgelegt. Bis zu 30 Prozent der RWE-Kraftwerke können zurzeit mit ihren Erlösen nicht einmal mehr die Kosten für Brennstoff und CO2-Verschmutzungsrechte decken. Sogar die wegen des günstigen Rohstoffs lange hochprofitablen Braunkohle-Meiler arbeiten nicht mehr durchgängig kostendeckend. RWE macht vor allem ein Doppeleffekt zu schaffen: Die hohe Zahl der Photovoltaik-Anlagen in Deutschland drückt gerade zu Spitzenlastzeiten am Mittag die Strompreise und nimmt wegen des Einspeisevorrangs für Öko-Energien konventionellen Kraftwerken die Einsatzzeiten.
„Das Ende der Fahnenstange ist erreicht“, sagte Hartung. Er forderte die Bundesregierung auf, schneller einen Marktmechanismus zu schaffen, der das Vorhalten von sicherer Stromversorgung unabhängig vom Wetter honoriere. Die Feuerwehr werde auch nicht nur nach Einsatzzeiten bezahlt. Moderne Kohle- und Gaskraftwerke würden noch lange gebraucht, um die schwankende Ökostrom-Produktion abzusichern.
Zudem wehrt sich RWE gegen neue Belastungen bei der Braunkohle-Förderung. Sollte die Reform des Erneuerbare Energien-Gesetzes (EEG) dazu führen, dass der aus eigenen Kraftwerken gewonnene Strom nicht mehr von der EEG-Umlage befreit bleibt, verteuere sich allein der Betrieb der Braunkohle-Schaufelbagger im Rheinischen Revier um mehr als 200 Millionen Euro. Für Hartung gibt es dafür keine Rechtfertigung: „Wenn Sie im eigenen Garten Kartoffeln anbauen, zahlen Sie auch keine Mehrwertsteuer.“