Bonn. . Verschärfter Wettbewerb auf dem deutschen Fernbusmarkt: Deutsche Post und ADAC wollen ihr Fernbusnetz massiv erweitern und 30 weitere Ziele in den Fahrplan aufnehmen. Damit verdoppelt sich die Zahl der Städte, die der Postbus ansteuert. Auch die Deutsche Bahn bekommt mehr Konkurrenz.

Die Deutsche Post und der ADAC verschärfen den Wettbewerb auf dem umkämpften Fernbusmarkt. „Wir erweitern unser Fernbusnetz und nehmen ab Mitte August 30 weitere Ziele in den Fahrplan auf. Damit verdoppeln wir die Zahl der Städte, die wir ansteuern“, sagte ADAC-Postbus-Geschäftsführer Joachim Wessels im Gespräch mit dieser Zeitung. Erstmals bieten Post und ADAC mit den Städten Straßburg und Zürich auch Fahrten ins Ausland an.

Der Postbus war im November vergangenen Jahres gestartet. An dem Unternehmen halten der Autofahrerclub und die Deutsche Post je 50 Prozent. Nach jahrzehntelangen Beschränkungen ist der Markt für Fernbuslinien in Deutschland seit Anfang 2013 weitgehend freigegeben worden. Damit bekommt insbesondere die Deutsche Bahn neue Konkurrenz. Fernbusse sind zwar meist langsamer als die Bahn, aber in der Regel billiger.

Dass ausgerechnet der einstige Staatskonzern Post auf dem Markt unterwegs ist, hat bei mittelständischen Busunternehmern Kritik hervorgerufen. Nach wie vor ist der Bund Großaktionär der Post, die viele Jahre lang vom Briefmonopol profitiert hat. Auch beim ADAC, der zwischen Pannenhilfe und kommerziellen Aktivitäten schwankt, scheint das Projekt Postbus nicht unumstritten zu sein. Zwischenzeitlich hieß es, die Kooperation stehe auf der Kippe.

ADAC setzt beim Projekt Postbus auf Expansion statt Ausstieg

Doch statt des zwischenzeitlich diskutierten Ausstiegs setzt der Automobilclub jetzt auf Expansion. „Der ADAC hat gemeinsam mit der Deutschen Post einen mehrstufigen Markteintritt angekündigt und geht mit dem Streckenausbau jetzt den nächsten Schritt. Sie sehen, wir geben Gas“, betont Marc Fleischhauer, der den ADAC in der Postbus-Geschäftsführung vertritt.

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Gewinne fährt der Postbus bislang noch nicht ein. Schließlich gibt es mit Unternehmen wie Mein Fernbus, den Bustöchtern der Deutschen Bahn und Flixbus starke Konkurrenz. Genaue Zahlen zu Auslastung, Umsatz oder Gewinn nennen Post und ADAC nicht. Zur Frage, wann der Postbus profitabel ist, sagt Joachim Wessels: „Wir sind mit der wirtschaftlichen Entwicklung zufrieden. Wie bei jedem neuen Geschäft sind zunächst Investitionen notwendig, die sich später auszahlen.“

Um die Auslastung der Busse zu verbessern, verändern Post und ADAC ab Mitte August ihre Fahrpläne. „Wir haben unser Angebot noch stärker auf die Nachfrage abgestimmt“, berichtet Wessels. „Die Folge ist, dass wir häufiger am Donnerstag, Freitag und an Wochenenden und seltener von Montag bis Mittwoch unterwegs sind.“ Daher komme das Unternehmen zunächst auch weiterhin mit 60 Bussen aus, obwohl das Netz doppelt so groß sein soll.

Preiskampf erinnert an Billigflieger-Branche

Zu den Städten, die der Postbus schon bisher in NRW ansteuert, gehören Bochum, Essen, Dortmund, Duisburg, Düsseldorf, Köln und Bonn. Neue Städte auf dem bundesweiten Fahrplan von Post und ADAC sind Aachen, Aschau, Bamberg, Bayreuth, Bernau, Chemnitz, Darmstadt, Freiburg, Gießen, Günzburg, Heidelberg, Jena, Kiel, Koblenz, Landshut, Lübeck, Mainz, Mönchengladbach, Montabaur, Prien am Chiemsee, Regensburg, Rosenheim, Rostock und Rostock-Warnemünde, Schkeuditz (bei Halle/Leipzig), Siegen, Singen und Soltau. Hinzu kommen Straßburg in Frankreich und Zürich in der Schweiz.

Der Preiskampf in der Fernbusbranche erinnert an den Beginn der Billigflieger. Die Strecke Köln-Berlin beispielsweise bieten Post und ADAC nach eigenen Angaben ab 23 Euro an. „Ein Bahn-Ticket kostet in der Regel ein Vielfaches davon“, kommentiert Postbus-Geschäftsführer Fleischhauer. „Es stimmt, dass der Wettbewerb derzeit vor allem über den Preis geführt wird“, bestätigt er und fügt hinzu: „Aber wir definieren uns in erster Linie über die Qualität unseres Produktes und nicht über den Preis.“ Der Postbus will unter anderem durch kostenloses W-LAN, Pünktlichkeit und Sicherheit punkten. Etwa 80 Prozent der Tickets werden im Internet gekauft, 20 Prozent in den Post- oder ADAC-Filialen oder über Call-Center.

Busfahrer müssen vor jeder Fahrt zur Alkohol-Kontrolle 

Staus auf den Straßen können die Zeitpläne der Busunternehmen aus dem Takt bringen. „Häufig gelingt es uns, Staus zu umfahren und so wenig Zeit zu verlieren“, betont Fleischhauer. „Wenn in seltenen Fällen eine Verspätung von mehr als einer Stunde entsteht, geben wir in der Regel Snacks und Getränke auf unsere Kosten an unsere Fahrgäste aus. Ab einer Verspätung von zwei Stunden erstatten wir den Fahrpreis.“

Mit der Unfallstatistik zeigt sich Postbus-Geschäftsführer Wessels zufrieden. „Seit November 2013 haben wir lediglich einen nennenswerten Zwischenfall verzeichnet, bei dem es zum Glück nur Leichtverletzte in den betroffenen Pkw gab“, sagt er. „Wir setzen auf zahlreiche Sicherheitssysteme. Dazu gehören Spurhalte-Assistenten und das Alcolock-System. Der Fahrer bläst dabei vor Fahrtantritt in ein Messgerät. Der Motor des Busses springt nur an, wenn kein Alkohol in der Atemluft ist.“

Am Steuer der Postbusse sitzen in der Regel Fahrer von mittelständischen Betrieben, mit denen Post und ADAC kooperieren. Insgesamt seien so mehrere hundert Mitarbeiter für den Postbus aktiv, sagt Wessels und begegnet damit auch der Kritik aus dem Mittelstand: „Unsere mittelständischen Buspartner sind eigener Aussage nach froh, dass sie für uns zu fairen Konditionen fahren können.“

Post und ADAC steuern gezielt Studentenstädte und touristische Orte an

Doch nicht nur der Deutschen Bahn, sondern auch kleineren Busunternehmen droht künftig eine verschärfte Konkurrenz. Gezielt wollen Post und ADAC auf beliebte Studentenstädte und touristische Ziele in Bayern und an der Ostsee setzen. Zudem sollen Expressverbindungen die bisherige Reisezeit auf bestimmten Strecken verkürzen – nämlich ab Münster und Dortmund nach München sowie auf den Strecken Hamburg-Hannover-Bamberg-München, Berlin-Frankfurt-Heidelberg-Stuttgart und Köln-Dortmund-Münster-Hamburg-Kiel.

Neu im Netz ist künftig auch eine Linie vom Rheinland (teilweise über Straßburg) nach Freiburg. Zudem wird die bisherige Postbus-Linie Berlin-Dresden mit einer anderen Linie zusammengeführt und verbindet dann Bremen und Hamburg mit Dresden. Eine neue West-Ost-Verbindung führt entlang der Autobahn A4 von Frankfurt/Main über Erfurt, Jena und Chemnitz bis nach Dresden sowie eine weitere von München über Landshut, Regensburg und Chemnitz ebenfalls nach Dresden.