Sintra.

. Eigentlich hätte es eine beschauliche Veranstaltung werden können, diese erste große Notenbank-Konferenz der EZB im portugiesischen Sintra. Wären da nicht die Sorgen um die gefährlich niedrige Inflation im Euroraum und deren Risiken für die wirtschaftliche Gesundung. Die Märkte erwarten von der Europäischen Zentralbank (EZB) einmal mehr Antworten.

Die Krise habe Zentralbanker zu Erfindern gemacht, stellte IWF-Chefin Christine Lagarde beim festlichen Abendessen der versammelten Finanzwelt am Sonntagabend fest: „Für mich sind Sie, die Zentralbanker, die Helden der Krise. Und Sie haben das Potenzial, das zu bleiben.“ Nur zu gerne hätten EZB-Präsident Mario Draghi und seine 150 erlesenen Gäste in Sintra die Aktualität für ein paar Tage ausgesperrt. Mit Bedacht hatte die EZB den Tagungsort ausgewählt: nur knapp eine halbe Autostunde vom Flughafen der pulsierenden Hauptstadt Lissabon entfernt und doch ein abgelegenes Idyll inmitten bewaldeter Hügel. Einst Sommerresidenz der portugiesischen Könige, ist das heutige Unesco-Weltkulturerbe Sintra vor allem bekannt für Schlösser, Burgruinen und Paläste. Der Atlantik liegt in Sichtweite, zeitweise weht eine frische Brise herüber.

Mit Gegenwind, das war Draghi im Grunde klar, würden die Notenbanker, Ökonomen und Politiker angesichts der drängenden Fragen selbst in der Klausur ihres abgeschirmten Luxushotels rechnen müssen. „Unsere Chance, uns vom aktuellen Druck freizumachen, ist geringer als wir gedacht haben“, räumte Draghi gestern ein.

Und so sah sich Europas oberster Währungshüter gezwungen, ausführlich die Bereitschaft der EZB zu bekräftigen, sich bei Bedarf mit Macht gegen gefährlich niedrige Teuerungsraten im Euroraum zu stemmen. „Wir werden nicht zulassen, dass die Inflation zu lange auf zu niedrigem Niveau bleibt“, betonte Draghi. Es sei die Verantwortung der Notenbank, alarmiert zu sein und sich vorzubereiten.

Auch wenn Draghi klarmachte, dass es keine einfachen Antworten gibt, werden die Vertreter internationaler Organisationen wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der OECD die Botschaft gerne vernehmen. Nicht zuletzt sie drängten die EZB dazu, angesichts niedriger Inflation und starkem Euro weitere Wachstumsimpulse zu setzen. Lagarde wies in Sintra einmal mehr darauf hin, dass Zentralbanken über einen prall gefüllten Werkzeugkasten verfügen. Ob die Französin dem Italiener Draghi Konkreteres einflüsterte, drang nicht nach draußen.

Vieles deutet darauf hin, dass der EZB-Rat bei seiner nächsten Sitzung am 5. Juni das Geld im Euroraum noch billiger machen wird, obwohl der Leitzins mit 0,25 Prozent fast schon bei Null liegt. Sollten sich die Notenbanker zudem durchringen, den Geschäftsbanken Strafzinsen für Gelder abzuknöpfen, die diese bei der EZB parken, würde die EZB einmal mehr unter Draghi Neuland betreten.