Essen. . Die Staatsanwaltschaft wirft dem früheren Chef Thomas Middelhoff vor, dem Pleitekonzern Arcandor rund 1,1 Millionen Euro zu Unrecht in Rechnung gestellt zu haben. Doch der Manager weist die Anschuldigungen vor dem Essener Landgericht entschieden zurück.

Schuldbewusst ist er nicht.Der frühere Chef des Arcandor-Konzerns, zu dem auch die Essener Warenhauskette Karstadt gehörte, geht am Dienstag direkt in die Offensive. Noch vor dem Beginn seines Strafprozesses wegen Untreue in 49 Fällen greift er vor der Presse die Staatsanwaltschaft an und bezeichnet sich als unschuldig: „Ich habe mir absolut nichts vorzuwerfen.“

Die Bochumer Ankläger Daniela Friese und Helmut Fuhrmann werfen ihm vor, von 2005 bis 2009 als Chef von Karstadt-Quelle und Arcandor private Charterflüge als dienstlich veranlasst in der Buchhaltung eingereicht zu haben. Dadurch soll er den Konzern um rund eine Million Euro geschädigt haben. Zudem hätte er eine Festschrift zum 70. Geburtstag seines Ziehvaters Marc Wössner, ehemaliger Bertelsmann-Chef, zu Unrecht Arcandor in Rechnung gestellt – Kosten: 180 000 Euro.

Hauptwohnsitz in St. Tropez

Thomas Middelhoff will das so nicht stehen lassen. Der hochgewachsene und braungebrannte Angeklagte, der seinen Hauptwohnsitz erst vor wenigen Monaten von Bielefeld ins südfranzösische St. Tropez verlegt hat, entgegnet der 90 Minuten dauernden Anklageverlesung mit fast drei Stunden Antwort. Nein, sitzen will er nicht, wehrt er die freundliche Aufforderung von Richter Jörg Schmitt, Vorsitzender der XV. Strafkammer, ab: „Ich fühle mich wohler, wenn ich stehe.“ Thomas Middelhoff wahrt die Form. „Hohes Gericht!“, wählt er als Anrede.

Aber dann greift er direkt die Ankläger an, denen er zuvor noch „Respekt“ gezollt hatte: „Die Vorgehensweise und auch das Verhalten der Staatsanwaltschaft in diesem Verfahren meiner Familie und mir gegenüber bewerte ich als nicht akzeptabel.“ An anderer Stelle sieht er sich als Opfer von Staatsanwaltschaft, Insolvenzverwalter und Medien: „Mir ist großer Schaden zugefügt worden.“ Tatsächlich hatte der Insolvenzverwalter nach der Arcandorpleite im Sommer 2009 gegen ihn geklagt, weil der Ex-Manager sich zu Unrecht am Vermögen des Unternehmens bereichert habe. In erster Instanz hatte ihn deshalb das Landgericht Essen zur Rückzahlung von 3,4 Millionen Euro verurteilt.

Mit dem Hubschrauber nach Essen

In seiner 84 Seiten starken Erklärung geht Middelhoff lange Zeit nicht konkret auf die Anklagevorwürfe ein. Er betont eingangs, dass er Katholik sei und sich den christlichen Werten verpflichtet fühle. Dann leitet der fünffache Familienvater zu seiner beruflichen Laufbahn über und stellt sich als Manager dar, der bei Bertelsmann früher als andere die Bedeutung des Internets erkannt habe. Kurz streift er, dass er 2002 den Medienkonzern in Gütersloh verließ und in London im Finanzsektor arbeitete. Als er 2004 zur Rettung von Karstadt-Quelle gerufen wurde, habe er auf viel Geld verzichtet. Vermutlich habe dabei sein Ehrgeiz eine Rolle gespielt „und das Bedürfnis, in der Öffentlichkeit in Deutschland wieder eine Rolle zu spielen“. Er betont, wie gut er Arcandor-Karstadt geführt hätte. Kurz: „Ich hätte keine Insolvenz angemeldet.“

Die Charterflüge, auch die Helikopterflüge zwischen Bielefeld und Essen, rechtfertigt er mit seinem knappen Zeitmanagement. Manchmal habe er dadurch zwei Tage „kostbarer Bürozeit“ gespart. Die Festschrift sei im Sinne Arcandors gewesen, weil sie zum Imagegewinn des Konzerns „in der Business Community“ beitrug. Middelhoff abschließend: „Ich werde meine Ehre mit allen rechtlichen Mitteln verteidigen.“