Essen. . Die Agrarverbände fürchten, dass durch den geplanten Mindestlohn die Preise für Spargel und Erdbeeren steigen. Die rund 330 .000 Erntehelfer aus Polen, Rumänien und Bulgarien würden dann 8,50 Euro bekommen. In NRW zahlen die Landwirte derzeit laut Tarifvertrag sieben Euro. Die Bauern befürchten nun mehr Importe von Spargel aus Spanien, Griechenland oder Peru.

Der geplante Mindestlohn von 8,50 Euro könnte laut den Agrarverbänden die Preise für Obst und Gemüse nach oben treiben. Vor allem bei personalintensiven Produkten wie Spargel oder Erdbeeren gehen sie von zehn bis 30 Prozent höheren Kosten aus. Der Grund: Die Bauern müssten den rund 330.000 Erntehelfern aus Polen, Rumänien und Bulgarien mehr zahlen. Ob sich diese Kosten auf dem Markt durchsetzen lassen, sehen die Bauern skeptisch.

„Im Lebensmittelhandel diktieren die Supermarktketten die Preise“, so Johannes Rütten, stellvertretender Geschäftsführer beim Rheinischen Landwirtschafts-Verband (RLV), da um jeden „Zehntel Cent“ gefeilscht wird.

Größere Spielräume beim Preis in Hofläden

Bei der Direktvermarktung über den Hofladen, wie sie beispielsweise häufig bei Spargel üblich ist, haben die Bauern größere Spielräume, um den Preis für den Verbraucher selbst zu bestimmen. „Hier haben wir zumindest die Chance, die Mehrkosten umzulegen“, sagt Peter Heinen. Er betreibt einen Spargel- und Obsthof in Wesel. Ob seine Kunden eine Preiserhöhung mitmachen würden, weiß er nicht. „Die Leute sagen immer, dass sie mehr bezahlen würden, aber wenn es ans Portemonnaie geht, dann sieht es oft ganz anders aus.“ Derzeit rechnet er für seinen Betrieb damit, dass ein Kilogramm Spargel um rund 50 Cent teurer werden würde, wenn der Mindestlohn am 1. Januar 2015 eingeführt würde.

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Generell sei die Direktvermarktung aber nicht völlig losgelöst vom Markt, wie Johannes Rütten betont. Der Verbraucher sei bereit, für frische und hochwertige Produkte mehr Geld zu bezahlen – und gerade Spargel als Saisongemüse gilt hierzulande nach wie vor als Delikatesse. Zu hohe Preise würde der Verbraucher dann aber nicht mehr bezahlen, so die Einschätzung beim Arbeitgeberverband der Westfälisch-Lippischen Land- und Forstwirtschaft (WLAV).

Die Sorge der Verbände ist, dass die Bauern gezwungen sein werden, ihre Anbaufläche zu reduzieren, weil Obst und Gemüse aus Ländern wie Spanien, Griechenland oder Peru importiert würde. Der Deutsche Bauernverband nennt das Beispiel Sauerkirschen. Diese werden schon seit Längerem verstärkt in Osteuropa angebaut.

Rückgang in Frankreich

Ein solches Szenario ist für die sogenannten Sonderkulturen, zu denen neben Spargel und Erdbeeren auch Gurken und Hopfen gehören, gar nicht so unrealistisch, wie RLV und WLAV sagen. Das zeige Frankreich. Dort verdient ein Erntehelfer mit Urlaubsgeld rund zehn Euro pro Stunde. 1970 wurde die heutige Form des Mindestlohnes für untere Einkommensgruppen eingeführt. Die Spargelproduktion ging zurück (siehe Grafik).

Erntehelfer bekommen in NRW laut regionalem Tarifvertrag sieben Euro pro Stunde. Der Betrag sollte bis Ende 2017 schrittweise auf 8,50 Euro steigen. Nun soll ein bundesweiter Tarifvertrag in diesem Jahr folgen. Dieser würde dafür sorgen, dass Erntehelfer ab 2016 die 8,50 Euro bekommen. Ohne einen solchen Tarifvertrag würde der gesetzliche Mindestlohn schon ab 2015 greifen.

Das verschafft Bauern wie Peter Heinen Zeit, um sich anzupassen. Er könnte nach Wegen suchen, um Kosten einzusparen: Zudem sagt er: „Die Verbraucher würden es eher als normale Preiserhöhung ansehen, als wenn es auf einen Schlag kommt.“