Hagen/Köln. .

Abitur hat Thomas Winkelmann 1979 am Theodor-Heuss-Gymnasium in Hagen gemacht. Seit 2006 steht er an der Spitze von Germanwings. Die Tochtergesellschaft der Lufthansa hat im Juli 2013 alle deutschen und europäischen Flugstrecken der Lufthansa, die nicht über die Drehkreuze Frankfurt und München führen, übernommen. Im Interview mit dieser Zeitung spricht der 54-Jährige über Preise, Profit und Persönliches.

Frage: Was verbindet Sie bis heute mit Hagen?

Thomas Winkelmann: Es ist meine Heimatstadt. Meine Mutter lebt hier. Sie ist 93 Jahre alt. Ich bin das jüngste von fünf Kindern. Wir sind zwei Mädchen und drei Jungs. Meine beiden Schwestern wohnen mit ihren Familien ebenfalls in der Stadt Alle sechs bis acht Wochen fahre ich nach Hagen.

Warum hat Germanwings den Europa-Verkehr von Lufthansa übernommen?

Lufthansa hat trotz intensiver Bemühungen über Jahre hohe Verluste auf diesen Strecken angehäuft. Die Fluggäste wollten gern mit Lufthansa fliegen, aber Kosten und Einnahmen waren nicht so wie sie sein mussten. Mit Germanwings trauen wir uns zu, die Europa-Verkehre nachhaltig profitabel zu gestalten.

Was macht Germanwings anders?

Wir sparen viel Geld in den Bereichen, die der Kunde nicht sieht. Das fängt bei einer extrem schlanken Verwaltung an und reicht bis zum Verzicht auf Papiertickets.

Wie viel günstiger fliegt Germanwings im Vergleich zur Lufthansa?

Es kommt auf die Strecke an. Im Durchschnitt sind die Kosten der Germanwings um 20 bis 25 Prozent niedriger als bei der Lufthansa.

Was sind die Gründe?

Das liegt an unserem Geschäftsmodell. Wir haben eine höhere Produktivität. Unsere Crews fliegen im Durchschnitt etwas mehr. Die Maschinen sind elf Stunden in der Luft. Und alle sind an ihrer Heimatbasis stationiert. Es gibt keine Flugzeuge, die nachts irgendwo in Europa parken. Auch fallen keine Kosten für den Transport und das Hotel für die Crews an. Sie sind abends zu Hause, schlafen bei ihren Familien.

Verdient das Kabinenpersonal bei Germanwings weniger?

Wir haben wir einen langfristigen Tarifvertrag mit der Kabinengewerkschaft UFO geschlossen. In unserem Geschäftsmodell partizipieren unsere Flugbegleiter zum Beispiel an den Verkäufen an Bord.

Seit März ist Düsseldorf das neue Drehkreuz von Germanwings. Stand der Dinge?

Düsseldorf ist unser Kronjuwel. Ende 2014, wenn die Umstellung abgeschlossen ist, werden wir in NRW 45 Flugzeuge stationiert haben. Wir sind dann Nummer eins in NRW. Von hier fliegen wir 152 Ziele an. Es ist das größte Angebot im Land.

Was heißt das in Passagieren gerechnet?

Wir werden ab 2015 jährlich mehr als 18 Millionen Gäste an Bord begrüßen, davon werden knapp 10 Millionen aus Nordrhein-Westfalen stammen. Es ist unser größter und wichtigster Markt.

Das Tarifsystem ist im Juli 2013 umgestellt worden. Was ist anders?

Wir bieten eine durchgängige Economy Class mit drei Tarifen an. Das fängt beim Best-Ticket an. Es gilt für die ersten drei Reihen auf den innerdeutschen Strecken und die Ziele, die von Geschäftsreisenden genutzt werden wie Wien, Zürich oder London. Das kommt dem Komfort in der Business-Class vieler Fluggesellschaften sehr nah. Freier Mittelsitz, Lounge-Zugang, Bevorzugung bei der Security und beim Boarding.

Das ist die teuerste Kategorie und wie geht es weiter?

Es gibt das Basic-Ticket zum tiefstmöglichen Preis von 33 Euro für den sicheren Flug von A nach B. Und – das Smart-Ticket: Im Aufpreis von etwa 20 Euro sind Freigepäck, ein Snack und der Wunschsitzplatz inbegriffen.

Mit mehr Beinfreiheit?

Ja. Das Smart-Ticket garantiert freie Sitzplatzwahl, einschließlich spürbar größeren Beinfreiheit in den ersten zehn Reihen. Sie liegt bei 32 inch, das sind 81,28 Zentimeter. Groß gewachsene Fluggäste nutzen diesen Vorteil gern. Was viele nicht wissen: Germanwings ist die Fluggesellschaft in Europa mit der größten Beinfreiheit in den Reihen eins bis zehn in unserer Airbusflotte.

Warum diese Aufteilung?

Wir glauben, die Kunden wissen sehr genau, was sie für den jeweiligen Flug haben wollen. Dem Studenten beispielsweise ist es wichtig, günstig von A nach B zu kommen. Und dem bieten wir das Basic-Ticket für 33 Euro an. Wir versprechen, ihn sicher von A nach B zu bringen, aber nicht mehr. Die Zeit der 19-Euro-Tickets ist vorbei.

Wann empfiehlt es sich, in dieser Preisklasse zu buchen?

Die günstigsten Tickets sind immer mittel- und langfristig verfügbar. 10 bis 15 Prozent unserer Tickets werden zu diesem Preis angeboten. Jeder Flug soll voll besetzt abfliegen. Vor Jahren sind viele Flugzeuge gern zur Hälfte leer geflogen, weil Fliegen teuer und nur für wenige erschwinglich war.

War der Preiskampf in den Anfängen der Billigfliegerei nicht ausgesprochen irrsinnig?

Es war sicherlich eine wilde Zeit, aber auch keine gute Zeit. Die Branche hat dem Kunden vorgegaukelt, dass Fliegen etwas Wertloses sei. Das ist ein Fehler gewesen. Unser gut ausgebildetes Personal und unsere Airbus-Flotte müssen auch bezahlt werden. Das andere Extrem, Fliegen nur für wenige, das ist auch vorbei. Die Kunden möchten von Düsseldorf nach Mallorca nicht mit dem Bus und der Fähre fahren.

Haben die Kunden das Angebot angenommen?

Ja. Wir fliegen mit einer höheren Auslastung. Früher waren bei einem Flug von Köln nach Hamburg 70 Gäste an Bord, heute sind es 130.

Ein Wort zum Dortmunder Flughafen?

Wir sind da gern. Mit einer dort stationierten Maschine fliegen wir nach München, Mallorca, Istanbul, Heringsdorf und Split. Die strikten Öffnungszeiten lassen nicht mehr zu. Wenn das Flugzeug nach 22 Uhr landen will und nicht mehr darf, sind alle Beteiligten verärgert. Und es kostet mehr Geld. Auch ist der Flughafen mit öffentlichen Verkehrsmitteln schlecht erreichbar. All das ist schlecht für das Wachstum.

Und der Flughafen Paderborn/Lippstadt?

Der Flughafen ist wirtschaftlich für uns zur Zeit nicht so interessant. Das Einzugsgebiet ist recht klein.