Berlin. .

Angetrieben von der Binnennachfrage wird die deutsche Wirtschaft dieses und nächstes Jahr an Schwung gewinnen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde 2014 voraussichtlich um 1,9 Prozent und 2015 um 2,0 Prozent zulegen, erklärten die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute am Donnerstag in Berlin. Vom Außenhandel sei allerdings kein Impuls zu erwarten. Kritik übten die Ökonomen an der Einführung des Mindestlohns und der abschlagsfreien Rente ab 63.

Ihre Bedenken gegen die jüngsten Maßnahmen der Bundesregierung deuteten die Autoren der Gemeinschaftsdiagnose bereits im Titel des Frühjahrsgutachtens an: „Deutsche Konjunktur im Aufschwung – aber Gegenwind von der Wirtschaftspolitik“. Die abschlagsfreie Rente ab 63 sei „ein Schritt in die falsche Richtung“ und der Mindestlohn werde den Anstieg der Beschäftigung dämpfen, so die Experten.

Der Lohnanstieg werde die Unternehmensgewinne schmälern und zu Preiserhöhungen führen, warnte Oliver Holtemöller vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Nach Ansicht der Forscher wird mit dem Mindestlohn nicht das gewünschte Ziel erreicht. „Die Beschäftigungschancen von Geringqualifizierten werden nicht verbessert, und die Armut wird nicht verringert“, sagte Holtemöller.

Die wirtschaftlichen Konsequenzen eines flächendeckenden Mindestlohns seien „außerordentlich schwer abzuschätzen, auch weil es einen solchen staatlichen Eingriff in den Arbeitsmarkt noch nie gegeben hat“, so Holtemöller. Die Institute gingen aber davon aus, das 2015 rund vier Millionen Arbeitnehmer von der Einführung des Mindestlohns betroffen sein werden und gleichzeitig etwa 200 000 Stellen verloren gehen könnten. Ferdinand Fichtner vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin betonte jedoch, sein Institut sei der Ansicht, „dass die langfristigen Folgen keinesfalls zwingend negativ“ sein müssten.

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor sei die Entwicklung des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine, heißt es im Gutachten. Das schlimmste Szenario, dass kein russisches Gas und Öl mehr nach Deutschland komme, sei zwar nicht zu erwarten, so Axel Lindner vom IWH. Die Institute hätten jedoch errechnet, dass ein plötzlicher Einbruch der russischen Wirtschaftsleistung um vier Prozent sich auf das deutsche BIP mit minus 0,1 bis minus 0,3 Prozentpunkten auswirken würde.