Karlsruhe.
Fast ein Stück Alltag auf deutschen Baustellen - und wohl nicht nur dort. Eine Firma für Elektroinstallation stattet vier Reihenhäuser im schleswig-holsteinischen Büdelsdorf mit dem Üblichen aus: Mit Leitungen, Kabelschächten, Steckdosen. Mit den Eigentümern vereinbart sie im Jahr 2010, 13 800 Euro gegen Rechnung, weitere 5000 Euro aber schwarz zu kassieren. Doch dann stellen die frischgebackenen Eigenheimbesitzer vermeintliche Mängel fest. Sie kürzen die Ansprüche und sind gerade noch bereit, 10 000 Euro legal und 2300 in bar zu zahlen. Die Firma klagt auf 6000 Euro ausstehenden Lohn - und wird jetzt keinen Cent erhalten.
Auch bei Pfusch kein Anspruch
Denn Büdelsdorf am Nordostseekanal hat Rechtsgeschichte geschrieben. Der Fall ist bis an den Bundesgerichtshof durchgereicht worden. Die Richter des Siebten Zivilsenats entschieden gestern in letzter Instanz: Ein Unternehmer, der bewusst gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verstoßen hat, kann für seine Werkleistung keine Bezahlung verlangen. (AZ VII ZR 241/13 v. 10.04.2014)
Damit haben die Rotroben zum zweiten Mal Pflöcke in Sachen Schwarzarbeit eingeschlagen. Sie haben bewusst die Durchschlagskraft des Gesetzes aus dem Jahr 2004 gestärkt. Erst vor einem dreiviertel Jahr urteilten sie in einem anderen Fall aus Kiel, dass Privatleute, die Schwarzarbeiter beauftragt haben, bei Pfusch am Bau keinen Schadenersatz verlangen können. Die Betroffenen sind also auf 170 Quadratmeter reichlich holpriger Garageneinfahrt sitzen geblieben, weil die Pflaster nicht, wie anfangs vereinbart, dem Gewicht eines Lkw standgehalten haben.
Die Karlsruher Richter haben ihr Urteil auf zwei gesetzliche Grundlagen gebaut: Dass Schwarzarbeit leistet, wer seinen steuerlichen Pflichten aus dieser Leistung nicht nachkommt, wie es im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz heißt. Und dass es keine Rückforderungen geben kann, wenn bei der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen wurde. Das schreibt das Bürgerliche Gesetzbuch vor. Beide Seiten, sagt der Gerichtshof, hätten gegen beide Vorgaben verstoßen.
Jetzt ist klar, dass jede Schwarzarbeit in Deutschland in rechtlosem Raum erfolgt. Kein „Vertragspartner“ kann den anderen für finanzielle Ausfälle oder für Schäden zur Verantwortung ziehen.
Bis zu 180 000 Fälle im Jahr
Dabei ist der Umfang der Umgehung steuerlicher und sozialversicherungsrechlicher Pflichten nach wie vor enorm. Rentenversicherer und Zollfahnder haben 2012 164 785 Verdachtsfälle nachweisen können, im Jahr davor sogar mehr als 180 000. Experten schätzen die Schattenwirtschaft auf 14% des Bruttoinlandsprodukts ein. Das sind bis zu 350 Milliarden Euro im Jahr. Das geht aus dem neuen Schwarzarbeits-Bericht der Bundesregierung hervor. Und dies, so steht dort, gelte auch, wenn in guten wirtschaftlichen Zeiten „tendenziell“ weniger Arbeit am Gesetz vorbeigeschleust würde.