Rostock/Hamburg. . Weil die japanische Mitsubishi-Werft den Liefertermin für ein neues Kreuzfahrtschiff nicht einhalten kann, muss die Reederei ganze Reisen absagen. Für Hunderte Kunden fällt die bereits gebuchte Kreuzfahrt erst einmal flach.
Das ist jetzt nicht so ganz prima gelaufen. Nicht für Mitsubishi, nicht für Aida und erst recht nicht für deren Kunden. „Aida prima“ sollte das neue Flaggschiff der deutschen Kreuzfahrt werden. Vielleicht wird es das auch noch. Wenn, dann aber viel später als geplant.
Im August 2011 bestellte die Rostocker Reederei Aida Cruises zwei Schiffe bei der Werft Mitsubishi Heavy Industries im japanischen Nagasaki. Die deutsche Meyer-Werft, die bis dato sieben Aufträge für Aida-Schiffe bekommen hatte, ging leer aus. Der Grund: der Preis. 455 Millionen Euro pro Schiff – da konnten die Papenburger mit ihrem 45 Millionen Euro höheren Angebot nicht mithalten.
Der neue Fahrplan
Die Jungfernfahrt der „Aida prima“ startet nun am 1. Oktober 2015 in Yokohama und führt nach Dubai, wo der Neubau die Wintersaison 2015/16 verbringen wird. Die laut neuem Katalog dort bereits stationierte „Aida stella“ übernimmt wahrscheinlich eine andere Route.
Erst im März 2016 geht die Jungfernfahrt weiter Richtung Hamburg. Am 25. April legt das Schiff dann mit über zehn Monaten Verspätung erstmals am neuen Kronprinzkai an.
Branchenexperten vermuteten schon damals, dass bei diesem Preis die Japaner nicht kostendeckend arbeiten können. Vielmehr wollte man mit dem Auftrag Fuß fassen in einem wachsenden Markt. Quasi: einmal draufzahlen, dafür aber viele Folgeaufträge einheimsen – vielleicht auch von anderen Reedereien. Eine Kampfansage an die Branchenriesen in Europa.
Diese Rechnung dürfte nun nicht mehr aufgehen. Denn es kam, wie es kommen musste: Zuerst gab die Mitsubishi-Werft vor wenigen Tagen für das Geschäftsjahr 2013 einen Verlust von 425 Millionen Euro an. Dienstag platzte dann die nächste Bombe: Die Japaner können den ersten Neubau, die „Aida prima“, nicht wie vereinbart bis März 2015 fertigstellen. Für die Reederei ist das bitter, denn die 86-tägige Jungfernfahrt, die das Schiff von Japan nach Hamburg führen sollte, wird seit einem halben Jahr verkauft. Und „die Reise ist sehr gut gebucht“, sagt Aida-Pressesprecher Hansjörg Kunze.
Neues Cruise-Terminal in Hamburg
Hunderte, wenn nicht gar Tausende Reisende muss die Rostocker Reederei nun enttäuschen. Denn nicht nur die Jungfernfahrt ist betroffen. Zwangsläufig abgesagt sind auch die nachfolgenden Reisen, die ab Juni 2015 in Hamburg starten sollten. Und ebendort ist man von dieser Entwicklung nicht begeistert. In der Hansestadt wird nach einem Senatsbeschluss in Kürze ein drittes Kreuzfahrt-Terminal entstehen. Den Bau maßgeblich gefordert hatte Carnival, der Mutter-Konzern von Aida. Der Anleger am Kronprinzkai sollte nach seiner Fertigstellung im Juni 2015 jede Woche einen Stammgast begrüßen: die „Aida prima“.
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Das Terminal wird wohl fertig werden, der Gast aber noch zehn Monate auf sich warten lassen. „Wir sind überrascht von den Informationen“, heißt es in einem Statement der Hamburger Port Authority. „Mit Aida stehen wir in engem Kontakt über die Möglichkeit des Einsatzes von Ersatzkapazität in Hamburg 2015.“ Heißt übersetzt: Hamburg erwartet von Aida einen Ausgleich in Form eines anderen Schiffes, um den Verlust an Touristen zu kompensieren. Dabei ist gerade erst der Katalog für 2015/16 erschienen. Für mindestens ein Schiff müssten also fest geplante Routen geändert werden. Diese Entscheidung ist laut Hansjörg Kunze aber offen: „Wir analysieren die Situation.“ Routet Aida nicht um, würden sie ihre Kapazität in Hamburg gegenüber 2014 von drei auf zwei Schiffe (6600 auf 3400 Betten) reduzieren. Kaum vorstellbar bei einem derart auf Wachstum ausgelegten Unternehmen.
Kein Treueschwur Richtung Japan
Unklar ist, ob die Verzögerungen beim aktuellen Neubau Auswirkungen auf den noch namenlosen Nachfolger haben werden. März 2016 wurde vertraglich vereinbart.
Ob Aida nach dieser Entwicklung weitere Schiffe der sogenannten Hyperion-Klasse bei Mitsubishi bestellen wird? Noch vor einem Jahr sagte Kunze, dass heutzutage kein Schiff entworfen werde, um dann nur zwei Stück davon zu bauen. Jetzt sagt er lediglich: „Es ist unser Wunsch, weiter zu wachsen.“ Ein Treueschwur Richtung Japan sieht anders aus. Vielleicht setzt man in Rostock bald doch wieder auf deutsche Werftarbeit.