Düsseldorf. .

Hannelore Kraft und Michael Vassiliadis sprechen gemeinhin Klartext. Sie als NRW-Ministerpräsidentin, er als Chef der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE). Als die beiden Sozialdemokraten gestern jedoch nach einem Gespräch über die Energiepolitik im Allgemeinen und die Zukunft der Braunkohle im Besonderen in der Düsseldorfer Staatskanzlei vor die Presse traten, wirkten sie ungewohnt umständlich. Eine eineinhalbseitige „Gemeinsame Erklärung“ wurde verteilt, die in strengem Kommuniqué-Deutsch verfasst war und an den Duktus von Abrüstungsverhandlungen erinnerte. Gleich viermal die Satzeinleitung „Hannelore Kraft und Michael Vassiliadis stimmen überein…“, außerdem wurde allerhand „bekräftigt“ und „begrüßt“.

Die ausgestellte Gemeinsamkeit musste offenbar anhaltende Uneinigkeit in Sachen „Garzweiler II“ verkleistern. Vassiliadis nimmt es der Landesregierung übel, dass sie ohne Vorwarnung die Verkleinerung des Rheinischen Reviers beschlossen hat.

Die Ortschaften Holzweiler, Dackweiler und Hauerhof in Erkelenz sollen von der Umsiedlung verschont bleiben. Kraft gab den Einwohnern, deren Häuser erst 2035 weggebaggert werden sollten, sogar eine Bestands-„Garantie“. Die Rahmenbetriebsgenehmigung für Garzweiler II bis 2045 bleibt erhalten, die zu fördernde Kohlemenge ab 2030 steht jedoch mehr in Frage denn je.

Vassiliadis machte deutlich, dass man nicht vorschnell auf den „einzigen heimischen Rohstoff, der im Markt steht“ verzichten dürfe. Heute könne niemand sagen, wie lange und in welchen Mengen die CO2-intensive Braunkohle noch gebraucht werde. „Mein politisches Ziel ist nicht der Ausstieg aus der Braunkohle“, stellte er klar. Die Grünen dürften bei der Planung der Energiewende nicht „alles einpreisen, was sie sich wünschen“. Die Menschen würden in „falscher Sicherheit“ gewiegt, wenn man eine verlässliche und bezahlbare Rohstoff-Quelle für überflüssig erkläre.

Kraft versuchte noch einmal, ihre Garzweiler-Rechnung aufzumachen. Da bei sinkendem CO2-Ausstoß und steigendem Ökostrom-Anteil im Rheinischen Revier kaum mehr so viel Braunkohle abgebaut werde wie vor 20 Jahren angenommen, sei der Verzicht auf den letzten Umsiedlungsbeschluss vertretbar und für die Planungssicherheit der Betroffenen in Holzweiler notwendig. „Wir haben aber nie gesagt, dass wir die Braunkohle ab 2030 infrage stellen“, so Kraft. Eine Leitentscheidung, die Rot-Grün bis Mitte 2015 fällen will, soll die Rolle der Braunkohle im Energiemix ab 2030 festschreiben. Vassiliadis wird daran jetzt mitarbeiten und seine Generalkritik aus der Vorwoche allenfalls noch auf die Grünen münzen. „Ich“, sagte er mit unerbetenem Verständnis für Krafts Nöte mit dem Koalitionspartner, „spreche ja auch nicht für Verdi.“