Essen. . Ein Jahr nach dem Unglück in Rana Plaza mit 1130 Toten hat Kik eine Million Dollar gezahlt. Der Textildiscounter ist das einzige deutsche Unternehmen, das in den Entschädigungsfonds eingezahlt hat. Adler Modemärkte, NKD, Kids for fashion und Güldenpfennig weigern sich bislang.
Knapp ein Jahr nach dem Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch mit weit über 1000 Todesopfern können sich die Hinterbliebenen jetzt Hoffnung auf Entschädigung machen. Heftige Kritik übt die Initiative „Kampagne für saubere Kleidung“ aber an der Zahlungsmoral deutscher Firmen, die in Rana Plaza nähen ließen.
Es war am 24. April 2013, als das neungeschossige Fabrikgebäude wie ein Kartenhaus zusammenfiel. Am Vortag waren Risse in dem Stahlbeton-Koloss festgestellt worden. Die Polizei hatte den Zutritt untersagt. Und dennoch kamen rund 3000 Näherinnen zur Arbeit. 1130 Menschen starben in den Trümmern, 1500 wurden zum Teil schwer verletzt.
Fonds unzureichend gefüllt
Fast ein Jahr nach der Katastrophe konnten sich die Hinterbliebenen der Opfer nun registrieren lassen, um Geld aus dem Entschädigungsfonds zu erhalten. Am Jahrestag selbst sollen sie eine erste Vorauszahlung von umgerechnet je 465 Euro erhalten.
In einem zähen Prozess hat die Internationale Arbeitsorganisation ILO die Entschädigungszahlungen koordiniert. „Der Fonds ist jedoch einen Monat vor dem Jahrestag nur unzureichend gefüllt“, kritisiert Frauke Banse von der Kampagne für saubere Kleidung. Noch immer fehlten 30 bis 40 Millionen US-Dollar der Textilketten, die in Rana Plaza nähen ließen. Von 28 Firmen haben offiziell 19 gezahlt.
Auch der Textildiscounter Kik aus dem westfälischen Bönen taucht auf dieser Liste auf. Laut ILO hat Kik 500 000 Dollar in den Fonds eingezahlt. Weitere 500 000 Dollar spendet der Discounter nach eigenen Angaben an eine gemeinnützige Organisation, deren Projekte sich „direkt an die Opfer und deren Angehörige richten“.
Problematisch sieht dies Frauke Banse: „Es geht uns um einen gerechten, von der ILO überwachten Entschädigungsprozess“, sagt sie. Das sei nur über den Fonds möglich, da er eine gerechte Auszahlung ermöglichen würde.
Nach Informationen der Kampagne für saubere Kleidung soll Kik die einzige deutsche Firma sein, die bezahlt hat. „Adler Modemärkte, NKD, Kids for fashion und Güldenpfennig weigern sich zu zahlen. Das gilt auch für auf dem deutschen Markt präsente Firmen wie Benetton“, heißt es.
Lediglich Adler, Güldenpfennig und NKD äußerten sich dazu, warum sie bislang nicht in den Fonds eingezahlt haben: Adler argumentiert damit, dass einer ihrer Lieferanten Aufträge an Rana Plaza weitergegeben hat – ohne das Wissen des Unternehmens. Von diesem Lieferanten habe man sich vor dem Unglück getrennt. Güldenpfennig spricht von einem „Testauftrag“ 2010. Danach hätte es keine weitere Zusammenarbeit gegeben. Und NKD sagt: „Zum Unfallzeitpunkt hat NKD bei keinem der in Rana Plaza ansässigen Unternehmen produzieren lassen.“
Kritik an „Schlingerkurs“ der Firmen
Die Kampagne für saubere Kleidung kritisiert diese „Schlingerei“ und befürchtet, dass sich der Fonds gar nicht mehr füllt. Neben Kik haben nur drei weitere Unternehmen einer Veröffentlichung der gezahlten Summen zugestimmt. Das sind die gemeinnützige Organisation Brac USA (zwei Millionen Dollar), zu der auch Walmart gehört, die C&A Foundation (500 000 Dollar) und Primark (eine Million Dollar). Insgesamt sind bisher umgerechnet rund sieben Millionen Euro zusammengekommen.
Positiv sei, dass sich die westlichen Ketten schon vor Monaten zu einem Brandschutzabkommen für die Textilfabriken durchgerungen haben. Es sieht unter anderem vor, dass sich die Firmen verpflichten, noch mindestens drei Jahre in Bangladesch zu bleiben. Das eingestürzte Rana Plaza wurde indes nicht wieder aufgebaut.