Neckarsulm.

Deutschlands zweitgrößter Discounter Lidl kritisiert ungewohnt offen die jüngste Preissenkung von Branchenführer Aldi – und macht sein Frischfleischsortiment trotzdem ebenfalls günstiger. Das Unternehmen betonte in einer Stellungnahme am Montag, dass man aufkommende Kritik an der Preissenkungsrunde und dem damit verbundenen Druck bei den Fleischerzeugern sehr gut verstehen könne. Es folgte ein Appell an die Branche: Trotz eines harten Wettbewerbs innerhalb Deutschlands müsse ein Verantwortungsbewusstsein aller Marktteilnehmer geboten sein. So fordert Lidl die Einzelhändler auf, ein gemeinsames Preisniveau zu finden, „das die richtigen und wichtigen Anstrengungen für mehr Tierwohl unterstützt“. Dennoch werde Lidl die von Aldi forcierte Preissenkung bei Rind- und Hähnchenfleischprodukten auf die eigenen Produkte übertragen. Ein Nachteil für die eigenen Kunden solle so verhindert werden.

Lidl gehört, wie Konkurrent Aldi, seit Herbst der Initiative Tierwohl an. Discounter wollen sich dort verpflichten, Landwirte für eine artgerechte Tierhaltung besser zu bezahlen. Starten soll das Projekt noch in diesem Jahr. Die Preiskampf-Kritik von Lidl stößt allerdings nicht überall auf Gegenliebe. Andreas Winkler, Sprecher des Lebensmittelvereins Foodwatch, sieht die Aussagen des Discounters als am Thema vorbei geführt: „Ob das Fleisch nun ein paar Cent mehr oder weniger kostet, sagt erst einmal nichts über die Standards in der Tierzucht aus.“ Vielmehr müssten einheitliche Regeln für Landwirte festgelegt werden, und viel wichtiger noch: diese auch flächendeckend in den Schlachthöfen kontrolliert werden.

Auch dem Label „Tierwohl“ gegenüber sind die Verbraucherschützer von Foodwatch eher kritisch eingestellt: „Es gibt bereits Hunderte, wenn nicht gar Tausende Lebensmittelsiegel, die dem Verbraucher viel versprechen. Nur die wenigsten blicken da noch durch.“

Aldi hatte am Wochenende die Fleischpreise um bis zu sieben Prozent gesenkt. Der Schritt hat Auswirkungen auf den gesamten Handel, da sich viele Wettbewerber im Preiseinstiegsbereich am Discount-Marktführer orientieren.