Brüssel. .
Die Europäische Union könnte bei einem Lieferstopp Russlands nach Einschätzung von Analysten die Ukraine nur für kurze Zeit ausreichend mit Erdgas versorgen. Im Zuge des Konflikts um die ehemalige Sowjetrepublik wird in der EU an einem Plan gefeilt, wie die Ukraine an Gas gelangen kann, wenn der russische Staatskonzern Gazprom dem Nachbarland den Gashahn zudrehen sollte. Dabei sollen die Pipelines, die russisches Gas über die Ukraine in die EU transportieren, für die Lieferung in umgekehrte Richtung genutzt werden. Doch Experten wie die Beratungsgesellschaft Eurasia gehen davon aus, dass die EU-Kapazitäten dafür nicht dauerhaft ausreichen würden.
So importierte die Ukraine 2013 rund 28 Milliarden Kubikmeter russisches Erdgas. Zwar verfüge das Land über ausreichend Vorräte, um ein paar Monate über die Runden zu kommen, heißt es in einem Eurasia-Bericht. Aus Deutschland und Ungarn könne die Ukraine pro Jahr bis zu zehn Milliarden Kubikmeter über Gasleitungen durch Polen und die Slowakei bekommen.
Eigenes Gas als Notversorgung
Doch die Eurasia-Experten gehen davon aus, dass diese Länder im Verlauf des Konflikts immer weniger dazu bereit sein werden, ihr eigenes Gas als Notversorgung zur Verfügung zu stellen. Zudem halten viele andere Analysten die Kapazität von zehn Milliarden Kubikmetern pro Jahr für zu hoch gegriffen.
Eine vertragliche Vereinbarung für die umgekehrte Nutzung der Gasrohre steht auch noch aus. Daran wird zwar nach Informationen aus EU-Kreisen bereites unter Hochdruck gearbeitet. Doch für unmittelbare Versorgungsengpässe scheint Insidern zufolge dieser Weg ohnehin kaum geeignet. So könnte es trotz der EU-Bemühungen noch sechs Monate dauern, bis über die Slowakei Gas in die Ukraine fließt.
Vielen Experten gilt die Versorgung Europas zudem als das viel größere Problem in dem Konflikt um die Ukraine. Schließlich liefert Russlands Staatsmonopolist Gazprom rund 30 Prozent des Gasbedarfs der EU, und ein Drittel davon strömt über die Ukraine nach Westen. Streitigkeiten zwischen Russland und der Ukraine haben in der Vergangenheit bereits zu Engpässen geführt - so 2009, als Hunderttausende Haushalte in Südosteuropa mitten im Winter von der Versorgung abgeschnitten wurden.
Sanktionen möglich
Die Regierung in Moskau schrecke nicht vor Sanktionen gegen die Ukraine zurück, hieß es bei der deutschen Energie-Beratungsfirma Ispex. Die Frage sei, was mit dem für Westeuropa bestimmten Gas auf seinem Transit durch die Ukraine passiere, wenn Russland die Versorgung des Landes einstelle.