Berlin. Die Vermögen in Deutschland sind im EU-Vergleich offenbar besonders ungleich verteilt. Nach einer aktuellen Studie verfügt hierzulande das reichste Prozent der Bevölkerung über ein Vermögen von mindestens 800.000 Euro pro Person, während ein Fünftel der Erwachsenen gar kein Vermögen besitzt.

In Deutschland sind die Vermögen im Vergleich zu anderen Euro-Ländern sehr ungleich verteilt. Während das reichste Prozent der Bevölkerung ein Vermögen von mindestens 800.000 Euro pro Person besitzt, verfügt gut ein Fünftel aller Erwachsenen in Deutschland über gar kein Vermögen, wie eine am Mittwoch vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) vorgestellte und von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie ergab.

Die Studienautoren verwendeten für den europäischen Vergleich der Vermögensungleichheit den so genannten Gini-Koeffizient. Der Wert Eins besagt hier, dass die Ungleichheit maximal ausgeprägt ist, bei Null ist sie minimal. Deutschland lag demnach 2012 bei einem Wert von 0,78. Einen höheren Wert hatte kein Land der Eurozone. In Frankreich lag der Gini-Koeffizient der Studie zufolge zuletzt bei 0,68, in Italien bei 0,61 und in der Slowakei bei 0,45. Weltweit betrachtet lag in den USA die Vermögensungleichheit mit einem Wert von 0,87 höher als in Deutschland.

Vermögenslage der Arbeitslosen offenbar weiter verschlechtert

Bereits frühere Untersuchungen hatten die Vermögensungleichheit in Deutschland im europäischen Vergleich gezeigt. Allerdings verschlechterte sich den Studienautoren zufolge die Vermögenslage der Arbeitslosen weiter - wohl als Folge der Hartz-Reformen. Während Arbeitslose im Jahr 2002 im Schnitt noch rund 30.000 Euro Vermögen besaßen, schrumpfte der Betrag binnen zehn Jahren auf etwa 18.000 Euro.

Die wichtigste Rolle dürfte hierbei der Studie zufolge spielen, dass vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II (Hartz IV) zunächst der größte Teil eines Vermögens aufgebraucht werden muss. Als Folge verfügten demnach 2012 fast zwei Drittel der Arbeitslosen über kein Vermögen oder hatten sogar Schulden.

Große Unterschiede zwischen Ost und West

Große Vermögensunterschiede gibt es demnach mehr als 20 Jahre nach der Wiedervereinigung auch zwischen West- und Ostdeutschland. Während Erwachsene im Westen im Schnitt über 94.000 Euro verfügten, waren es im Osten nur etwas über 41.000 Euro. Bei den Geschlechtern waren Männer mit einem Vermögen von durchschnittlich 97.000 Euro im Schnitt um 27.000 Euro reicher als Frauen.

Auch der Familienstand und die Zahl der Kinder reduzieren demnach den Reichtum. Alleinerziehende mit zwei Kindern verfügten im Schnitt über 21.000 Euro, mit einem Kind aber über 35.000 Euro. Auch bei Ehepaaren sinkt das Vermögen mit der Kinderzahl. Ehepaare ohne Kinder besaßen im Schnitt 108.000 Euro, mit einem Kind hatten sie durchschnittlich 63.000 Euro, mit zwei Kindern etwas über 50. 000 Euro, bei drei oder mehr Kindern im Schnitt nur noch 44.000 Euro. Das höchste Pro-Kopf-Vermögen haben laut der Studie allein lebende Männer im Alter von 60 Jahren. Diese verfügen im Schnitt über 150.000 Euro.

Forderungen nach Umverteilung über Steuer

Der stellvertretende Linken-Fraktionschef Klaus Ernst erklärte, die Kluft zwischen arm und reich gefährde den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Er forderte eine "deutliche Umverteilung der hohen Einkommen und Vermögen" über die Steuerpolitik. Auch Grünen-Chefin Simone Peter bekräftigte vor dem Hintergrund der Studie die Forderung ihrer Partei nach einer Vermögensteuer. Peter erklärte, die Untersuchung entlarve die angeblichen Erfolgsmeldungen zu Deutschlands Wirtschaftslage - diese komme vor allem den Bessergestellten zugute. (afp)