Essen. .
Obwohl die EU-Kommission die Rabatte für Unternehmen bei der Ökostromumlage stoppen oder zumindest bremsen will, erreicht die Zahl der befreiten Firmen in diesem Jahr einen neuen Höchststand.
Nach Angaben des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) erhalten aktuell 2098 Unternehmen einen Abschlag auf die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Das sind 378 mehr als im vergangenen Jahr. Laut Bafa summiert sich die Entlastung voraussichtlich auf 5,1 Milliarden Euro.
„Brüssel fühlt sich vernachlässigt“
Gegen die Befreiung energieintensiver Betriebe hat die EU-Kommission ein Beihilfeverfahren beantragt. Mögliche Restriktionen aus Brüssel sind auch eines der zentralen Themen auf der europäischen Leitmesse E-World, die gestern in Essen begann und bis Donnerstag laufen wird. „Die EU-Vorgaben sind der Dreh- und Angelpunkt, um das EEG weiterzuentwickeln. In Brüssel fühlt man sich etwas vernachlässigt“, sagte NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) zum Auftakt der Messe. Er warf der früheren schwarz-gelben Bundesregierung vor, ihre Hausaufgaben in Brüssel nicht erledigt zu haben. Am kommenden Montag trifft Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) in Berlin den zuständigen EU-Kommissar Joaquin Almunia. Im Vorfeld hatte Gabriel gestern Abend Unternehmen, Verbände und Gewerkschaften zu einem Treffen eingeladen. Er hält eine Kappung der Industrie-Rabatte bei der Ökostrom-Förderung um bis zu eine Milliarde Euro für möglich. „Wenn wir es schaffen, eine Milliarde da rauszukriegen, dann wären wir schon außerordentlich gut“, sagte Gabriel am Abend.
Die Bundesregierung steht unter Druck. Denn sie wird nicht nur der EU entgegenkommen und Ausnahmen von der EEG-Umlage reduzieren müssen. Gabriel plant auch, Zehntausende Firmen, die ihren Strom selbst erzeugen, an den Kosten für den Ausbau der Öko-Energien zu beteiligen. Die Wirtschaft warnte Gabriel gestern, er dürfe die Eigenstrom-Produktion „nicht kaputtmachen“. Der Chemiekonzern BASF drohte im Vorfeld gar, Investitionen in Deutschland zu drosseln. Der Minister besteht aber auf einem „Energie-Soli“ der Selbsterzeuger.
Hildegard Müller, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) versuchte gestern in Essen, die Wogen zu glätten. Es sei richtig, dass die Bundesregierung nun auch das Selbsterzeuger-Problem lösen wolle. „Man wird sich jeden Einzelfall genau ansehen müssen“, forderte Müller.
Energiewende kommt nicht voran
Der BDEW stellte in Essen erste Ergebnisse seines Energiemonitors vor. Danach unterstützen 89 Prozent der Bundesbürger die Energiewende. Aber nur 42 Prozent sind der Auffassung, sie komme gut voran. „Weniger gut“ und „gar nicht gut“ finden den Fortschritt 56 Prozent. 70 Prozent der Befragten erwarten steigende Strompreise.
NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) zeigte sich auf der E-World optimistisch: „Wir jammern nicht. NRW wird der Motor bei der Gestaltung der Energiewende. Hiesige Unternehmen aus den Branchen Gebäude-Automation, Kreislaufwirtschaft und Chemie könnten davon profitieren.“