Hagen/Siegen. .

Die Daumen in den Chefetagen der Unternehmen zeigen fast ausnahmslos nach oben: Die Wirtschaft in Südwestfalen schaut optimistisch in die Zukunft. Also kein Wölkchen am strahlend blauen Konjunkturhimmel? – Nicht ganz: Heimische Unternehmen investieren immer häufiger im Ausland und nicht in der Region. Das ist zwar gut für die Betriebe und deren Geschäftsbücher, nur: „Das schwächt auf Dauer den Standort Südwestfalen“, urteilt Dr. h.c. Hans-Peter Rapp-Frick, Hauptgeschäftsführer der südwestfälischen Industrie- und Handelskammer Hagen.

Nach der Industrie- und Handelskammer (IHK) Hellweg-Sauerland, die am Mittwoch ihre Konjunkturprognose vorgestellt hatte (wir berichteten), legten gestern die Kammern in Hagen und Siegen nach – und bestätigten die Erwartungen auf ein gutes Geschäftsjahr.

Der Konjunkturklimaindex steuert demnach in Südwestfalen, in Hagen und im Ennepe-Ruhr-Kreis inzwischen wieder Werte an, wie sie vor dem großen Einbruch während der Finanz- und Wirtschaftskrise erreicht wurden. Getragen ist der Optimismus sowohl von den Auslandsgeschäften wie von der Konsumlaune im Inland.

Hagen/Mark-Ruhr

„Die Wirtschaft ist mit viel Schwung ins neue Jahr gestartet, und die Erwartungen sind weiterhin gut“, fasste Hans-Peter Rapp-Frick die Ergebnisse der Konjunkturumfrage zusammen; eine derart gute Stimmung habe es zuletzt vor acht Jahren gegeben. Oder, in Zahlen ausgedrückt: 91 Prozent der Unternehmen über alle Branchen erwarten mindestens gleichbleibende oder sogar bessere Geschäfte als im Vorjahr.

Im Industriesektor, aber auch bei den industrienahen Dienstleistern, ist die Laune ausgesprochen gut; das Baugewerbe profitiert vom milden Winter, so dass die SIHK dort von einem „Spitzenwert“ beim Konjunkturklimaindex spricht. Im Einzelhandel gehen sogar 96 Prozent von einer stabilen bis steigenden Entwicklung aus; mit dem Weihnachtsgeschäft sind die Händler rückblickend zufrieden.

Die Erwartungen spiegeln sich auch in der Investitionsbereitschaft wieder, die deutlich ansteigen soll: Fast jedes dritte Unternehmen plane Investitionen – „tendenziell selbst finanziert, nicht über Kredite“.

Von den guten Aussichten soll auch der Arbeitsmarkt profitieren – zumindest im Saldo. Mit 21 Prozent der Befragten wollen mehr Unternehmen Personal einstellen als abbauen (17 Prozent). Das sei zwar „ein deutliches Signal des gefestigten Vertrauens in einen stabilen Konjunkturverlauf“, so Rapp-Frick. Allerdings: Das Profil der Arbeitssuchenden stimme „oft“ nicht mit den Anforderungen überein. „Qualifizierung ist notwendig – aber auch möglich“, so Hans-Peter Rapp-Frick.

Interessante Besonderheit: Nicht die Sorge um weiter steigende Energiekosten sehen die Unternehmen im Kammerbezirk als größtes Risiko an, sondern die „wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen“. Als „politische Verunsicherung“ beschrieb Rapp-Frick das Phänomen und erklärte es mit der „Diskussion über die Rente mit 63“.

Siegen-Wittgenstein/Olpe

„Die Lage ist hervorragend“, betonte Franz J. Mockenhaupt, Hauptgeschäftsführer der IHK Siegen. Mit 122 Punkten erinnert der Konjunkturklimaindex an Vor-Krisen-Niveau. Allerdings, so merkte er an, sei diese positive wirtschaftliche Entwicklung kein Selbstläufer. Mindestlohn, Rentenpaket und Rückregulierungen bei der Zeitarbeit könnten schnell zur Belastung für die Unternehmen werden. Zudem bereitet ihm der offene Ausgang der Energiewende Kopfzerbrechen: „Die Energiekosten sind ein Schlüsselfaktor in unserer Region.“ Nicht zuletzt nahm er die desolaten kommunalen Finanzen ins Visier und warnte Stadt- und Gemeindeverwaltungen davor, ihr wirtschaftliches Heil darin zu suchen, Grund- und Gewerbesteuern zu erhöhen.

Gut 34 Prozent der Industriebetriebe bewerten ihre aktuelle Lage als ausgesprochen gut, ein knappes Drittel steht den kommenden Geschäftsmonaten positiv gegenüber. Allerdings, so gestanden die IHK-Vertreter ein, sagt die Statistik nicht die ganze Wahrheit. Denn die Meldungen der Betriebe sind nicht nach Marktanteil oder Mitarbeiterzahl gewichtet. Der Spezialmaschinenbau zum Beispiel, traditionell beschäftigungsstark und wichtig für die Wertschöpfungskette in der Region, klagt über leere Auftragsbücher. Insgesamt jedoch vermelden die Industrieunternehmen – jeder dritte Arbeitsplatz stammt aus diesem Sektor – ein Plus an Aufträgen. Und zwar aus dem In- wie auch aus dem Ausland.

Optimistisch zeigen sich auch die Großhändler. Deutlich mehr als 40 Prozent erwarten Zuwächse. Knapp 53 Prozent gehen von gleichbleibenden Geschäften aus. Das ist insofern bemerkenswert, weil diese Branche als Indikator für die wirtschaftliche Entwicklung gilt.