Washington. .

Mit den bunt lackierten Fahrrädern, die überall auf dem Google-Campus zur freien Verfügung stehen, wären es nur drei Minuten zu Astro Teller. Leider durfte dem Besucher aus Europa vor wenigen Wochen niemand den Weg zu Google X verraten. Das vom Enkel des Nuklearphysikers Edmund Teller geleitete Forschungs-Labor des drittwertvollsten börsennotierten Unternehmens der Welt ist, so ein Programmierer aus Indien, „geheime Kommandosache“.

Nur ab und zu dringt etwas von der Zukunftsmusik nach draußen, die in den roten Backsteinhäusern im kalifornischen Mountain View komponiert wird. Was man zuletzt hörte, legt aus Sicht von Pankaj Mishra vom Magazin TechCrunch in San Francisco eine Vermutung nahe, die man in all ihren Facetten heute noch nicht googeln kann: Der täglich drei Milliarden Mal mit Anfragen gefütterte Suchmaschinen-Gigant wandelt sich schleichend zum Technologie-Dienstleiter. Während Apple oder Microsoft bei ihren Leisten bleiben und bekannte Produktpfade breittreten, will Google der „General Electric“ des Internetzeitalters werden.

Die totale Vernetzung

Als Beleg reicht Mishra die Kauffreude des erst vor 15 Jahren von Larry Page und Sergey Brin gegründeten und inzwischen über 50 Milliarden Dollar Jahresumsatz erzielenden Unternehmens. Google hat danach für geschätzte 1,2 Milliarden Dollar binnen weniger Monate acht Firmen aus der Robotik-Branche gekauft. Darunter Boston Dynamics, ein Laden, der Terminator-ähnliche Drohnen auf zwei Beinen und High-Tech-Packesel für das Militär produziert.

Mit Nest, dem Hersteller fernsteuerbarer Thermostate und Rauchmelder (3,2 Milliarden Dollar), öffnete sich Google die Tür in die auf totale Vernetzung erpichte Haus-und-Heim-Technik-Branche. DeepMind, eine kleines Unternehmen, das auf dem Feld der künstlichen Intelligenz arbeitet, markierte zuletzt für 400 Millionen Dollar das Ende des Einkaufs-Feldzugs. Vorläufig.

Was Google mit den Ankäufen machen will, läuft im Silicon Valley unter der spröden Formulierung „Internet der Dinge“. Ray Kurzweil, der bekannte Futurist, den Google angeheuert hat, hat die Vision skizziert. Google wettet demnach darauf, dass eines nahen Tages sämtliche technischen Geräte, mit denen sich der Mensch umgibt - Autos, Kühlschränke, Herdplatten, Heizungen, Computer, Ampeln -, via Smartphone oder Tablet-Computer gesteuert werden und drahtlos miteinander kommunizieren können.

Weil bei dieser ultimativen Vernetzung fortwährend Daten gemessen, gesendet und gewichtet werden müssen, bieten sich Google, Weltmarktführer in Sachen Datenerhebung und Weiterverarbeitung, noch lukrativere Wege der Vermarktung. „Daten sind das Gold des 21. Jahrhunderts“, wird Kurzweil zitiert.

Bleibt die Frage nach der alltagstauglichen Verwirklichung. Zwei Beispiele: Die von dem aus Solingen stammenden Stanford-Professor Sebastian Thrun mit entwickelten selbstfahrenden Googles-Autos haben in einigen US-Bundesstaaten die Probezeit von knapp 250 000 unfallfreien Meilen hinter sich. Serien-Produktion nicht ausgeschlossen. Google Glass, die Computer-Brille, deren Gläser auf Wimpernschlag von innen als Bildschirm funktionieren, steht 2015 in den USA vor der Markteinführung. Google will es wissen. Auch ohne Suchmaschine.