Frankfurt. .
Zahlen, Bilanzdaten, Gewinn - wer in diesen Tagen an die Deutsche Bank denkt, hat das so wenig im Kopf wie selten in der Vergangenheit. Wenn Anshu Jain und Jürgen Fitschen heute Vormittag im großen Konferenzsaal der Deutsche Bank-Zentrale an der Frankfurter Taunusanlage zur Jahres-Pressekonferenz aufs Podium treten, geht es vor allem um die beiden Chefs der Bank. Ganz besonders um Anshu Jain.
Zinsmanipulationen, mögliche Tricksereien im Handel mit Devisen und Edelmetallen, fragwürdige Hypothekengeschäfte in den USA – die Investmentbanker der Deutschen Bank haben derzeit massive Probleme. Und damit auch der 51-jährige smarte indisch-stämmige Brite. Schließlich hat Jain die Investmentsparte jahrelange geleitet. Kann es sein, dass er von den fragwürdigen, zum Teil illegalen Geschäften nichts gewusst hat? Hat er sie geduldet oder sogar befördert? Noch gibt es keine Antworten. Aber hochrangige Banker in Frankfurt bezweifeln, dass Jain auf Dauer Co-Chef der Bank bleibt.
Zweifel an der Führung
„Ich weiß nicht, ob die Deutsche Bank die Krise mit Jain an der Spitze bewältigen kann“, sagt ein Top-Banker einer Frankfurter Privatbank. Pressesprecher anderer Institute bedauern die Kollegen bei der Deutschen Bank angesichts fast täglicher negativer Schlagzeilen. „Für alles Geld der Welt wollte ich nicht tauschen“. Seit Monaten lehnt man sich bei der Commerzbank fast beruhigt zurück. Die lange krisengeschüttelte, allerdings von Manipulationsvorwürfen unberührte Bank, stand für Monate oben in den Schlagzeilen. Die Zeiten sind dank Deutscher Bank vorbei.
Bei seinen raren öffentlichen Auftritten äußert sich Jain, vermutlich auf Rat der Bank-Juristen, zu seinen möglichen Verwicklungen in die Skandale mit keinem Wort. Bankenkenner wie Dieter Hein vom Analysehaus Fairesearch sind überzeugt, dass Jain um die fragwürdigen Praktiken wusste. Er sei zumindest für das unmoralische Verhalten seiner Mitarbeiter verantwortlich, sagt Hein, der Jain für den falschen Mann an der Spitze der Bank hält.
Bemerkenswert auch: Enge Vertraute des früheren Chefs Josef Ackermann, der die Bank von 2002 bis 2012 führte, weisen eine Verantwortung des Schweizers für die Skandale entschieden zurück. „Anshu Jain war doch Chef der Investmentbank“, heißt es. So als ob er völlig unbesehen von Ackermann seinen Geschäften hat nachgehen können. Ganz unrecht war es der Bankspitze allerdings auch nicht: Es gab Jahre, in denen Jains Investmentbanker für 70 Prozent des Gewinns der Bank sorgten.
Hohe Strafgelder
Mittlerweile kostet ihr Treiben sehr viel Geld. Im Dezember zahlte die Bank wegen Zinsmanipulationen 725 Millionen Euro an die EU, 1,4 Milliarden Euro waren in den USA wegen umstrittener Hypothekengeschäfte fällig. Insgesamt musste die Bank 2012 und 2013 fünf Milliarden Euro für diverse Skandale überweisen. Mehr als zwei Milliarden Euro sind als Reserve für mögliche weitere Strafen gebunkert.
Für Jain könnte es eng werden. Möglicherweise steht bald nur noch Fitschen an der Spitze der Bank.