München. Unter großem Druck will sich der ADAC wandeln: Sein Präsident verspricht mehr Offenheit und eine stärkere Einbindung der Mitglieder. Derweil prasseln weiter Forderungen aus der Politik auf den Club ein. Der Autopreis “Gelber Engel“ soll nicht mehr vergeben werden.
Nach dem Skandal um manipulierte Teilnehmerzahlen will der ADAC den Autopreis "Gelber Engel" einstellen. "Wir denken im Moment überhaupt nicht darüber nach, ob wir so etwas ähnliches wieder machen wollen", sagte ADAC-Präsident Peter Meyer am Mittwoch der Branchenzeitung "Automobilwoche". Der "Gelbe Engel" habe sicherlich keine Zukunft mehr. "Das war ein Totalschaden", sagte Meyer. Der ADAC werde sich künftig wieder auf seine Kernkompetenzen besinnen, um Vertrauen zurückzugewinnen.
Meyer hat zudem ein Reformprogramm für den Autoclub versprochen. Er werde der Hauptversammlung im Mai Vorschläge unterbreiten, "die dauerhaft für mehr Offenheit, höhere Transparenz und direktere Mitgliedereinbindung sorgen sollen", sagte Meyer am Mittwoch in einer persönlichen Erklärung. Der Autoclub nehme die aktuelle Kritik sehr ernst - "auch wenn diese manchmal sehr pauschal war". Oberstes Gebot sei jetzt, das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen.
ADAC-Motorwelt ist Deutschlands Zeigung mit den meisten Lesern
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Reformen im Hauruck-Verfahren plane man nicht: "Für diesen Prozess brauchen und nehmen wir uns die erforderliche Zeit, Gründlichkeit, Sorgfalt und sicherlich auch externen Rat, um auf die berechtigten Kritikpunkte der öffentlichen Diskussion angemessen zu reagieren."
Hintergrund ist der Skandal um geschönte Zahlen beim ADAC-Mitgliederpreis "Lieblingsauto der Deutschen". Ex-Kommunikationschef Michael Ramstetter hatte eingeräumt, die Zahlen frisiert zu haben und seine Ämter beim Autoclub niedergelegt. Die ADAC-"Motorwelt", deren Chefredakteur Ramstetter war, ist nach neuen Zahlen Deutschlands Zeitschrift mit den weitaus meisten Lesern. Nach der am Mittwoch veröffentlichten Media-Analyse kommt die "Motorwelt" auf eine Reichweite von 15,74 Millionen Menschen (ab 14 Jahre).
Verbraucherschutzminister Maas fordert Mindeststandards für Prüfverfahren
Unmittelbar vor Meyers Erklärung hatte es weitere Forderungen aus der Politik nach mehr Transparenz beim ADAC gegeben. Justiz- und Verbraucherschutzminister Heiko Maas (SPD) forderte zudem Mindeststandards für Prüfverfahren. Er hoffe, dafür keine gesetzliche Regelung zu benötigen. "Ich bin eigentlich ganz zuversichtlich, dass man das mit den Organisationen auch unterhalb der Gesetzgebungsschwelle erreichen kann", sagte er im Deutschlandfunk.
Auch die politische Rolle des ADAC muss nach Ansicht des Vorsitzenden des Bundestags-Verkehrsausschusses, Martin Burkert (SPD), auf den Prüfstand stellen. In der vergangenen Wahlperiode sei der Club bei fünf Expertenanhörungen des Ausschusses dabei gewesen. "Da ist auch Vertrauen angeknackst." Er verwies darauf, dass der ADAC etwa für eine Freigabe des deutschen Fernbusmarkts eingetreten sei und nun zusammen mit der Post Fernbuslinien anbiete. "Da gibt es eine Verquickung. Das müssen wir uns politisch sicherlich anschauen, welchen Stellenwert er in Zukunft haben wird bei Anhörungen."
"Das Engelskostüm ist beschmutzt"
Die gefälschten Zahlen beim Autopreis "Gelber Engel" hätten viel Vertrauen in den ADAC zerstört. "Das Engelskostüm ist beschmutzt", sagte Burkert. "Ich kann nur bitten, dass der ADAC jetzt Wort hält und völlige Transparenz walten lässt."
Für die Vorsitzende des Umweltausschusses, Bärbel Höhn, sollte es mehr Aufsicht beim Automobilclub geben. "Der ADAC täte gut daran, die ehrenamtlichen Sachen wirklich zu trennen von denjenigen, wo sie wirtschaftlich von profitieren", sagte die Grünen-Politikerin in der Sendung "Das Duell bei n-tv".
Auch aus der Autobranche gibt es weiter Kritik. Bosch-Chef Volkmar Denner warf dem Club einen schlechten Umgang mit den Manipulationen beim "Gelben Engel" vor. "Ich war enttäuscht, muss ich ganz ehrlich sagen. Zutiefst enttäuscht", sagte Denner am Dienstagabend vor Journalisten in Stuttgart. "Wahrscheinlich wäre es das Richtige gewesen, die Preisverleihung einfach zu verschieben." Der ADAC hatte die Manipulationsvorwürfe zunächst vehement zurückgewiesen.
Führungsspitze des ADAC kassiert jährlich rund 1,6 Millionen Euro
Bosch war vom ADAC mit einem "Gelben Engel" in der Kategorie "Innovation und Umwelt" für eine Motorrad-Stabilitätskontrolle ausgezeichnet werden. Die Auszeichnung an sich stellt der Technikkonzern nicht infrage.
Seiner Führungsspitze zahlt der ADAC jährlich insgesamt rund 1,6 Millionen Euro. Einen entsprechenden Bericht der "Bild"-Zeitung bestätigte der ADAC am Mittwoch auf Anfrage. Laut ADAC fließen davon rund 336 000 Euro als Aufwandsentschädigung an die Mitglieder des Präsidiums. Die acht Männer erhalten demnach pro Monat im Durchschnitt 3500 Euro. Die übrigen knapp 1,3 Millionen Euro bekommen die vier Geschäftsführer des ADAC, die als Manager Verein und Konzern mit rund 8600 Mitarbeitern wirtschaftlich führen. Im Schnitt verdient ein Geschäftsführer damit rund 319 000 Euro pro Jahr. (dpa)