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Noch ist kein weiterer Kopf gerollt, noch hofft Deutschlands größter Automobilclub, dass sich die ADAC-Affäre nicht weiter ausweitet. Doch vier Tage nach der Trennung von Kommunikationschef Michael Ramstetter wird deutlich: Der Skandal ist für den ADAC längst nicht ausgestanden, das Entsetzen der Mitglieder groß.

Münchener Staatsanwaltschaft schaltet sich in den Fall ein

Wie berichtet, hatte der Verband bei der Wahl zum ADAC-Preis „Gelber Engel“ manipuliert. Nun hat sich die Münchener Staatsanwaltschaft in den Fall eingeschaltet. Aufgrund der Medienberichte prüfe man, ob Straftatbestände berührt sein könnten, teilte die Behörde mit. Sie betonte aber, bisher sei kein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Die Forderung nach weiteren personellen Konsequenzen weisen die Verantwortlichen indes von sich. Der in Mülheim lebende Präsident Peter Meyer (64) lehnt einen Rücktritt ab. Der „Bild“ sagte er: „Wenn der Wind von vorne kommt, muss man das auch mal aushalten können.“ Er sehe sich gar als Garant für die Aufklärung der Affäre. Die Führungsstruktur gerät zunehmend in Bedrängnis. Der PR-Experte Klaus Kocks fordert einen sofortigen Managementwechsel. „Der ADAC ist ein Staat im Staat, eine riesige Organisation, die gewaltige Geldmengen bewegt, aber organisiert ist wie ein Kaninchenzüchterverein“, so Kocks zum Hessischen Rundfunk. Der Club brauche Kontrolle durch einen Aufsichtsrat. „Der ADAC ist ein Großkonzern, er muss wie ein Großkonzern organisiert werden.“

Präsident Meyer ist im Revier übrigens kein Unbekannter. Der gebürtige Ostwestfale engagiert sich unter anderem für den Lions-Club und eine Mülheimer Klimaschutz-Initiative. Auf „seinen“ Verband lässt der als leidenschaftlicher Autofahrer geltende Meyer nichts kommen. Dass etwa bei Raststätten- oder Kindersitz-Tests ebenfalls manipuliert wurde, schloss er aus.

Was die Vertrauenswürdigkeit der vom ADAC herausgegebenen Statistiken betrifft, mehren sich jedoch Zweifel. Experten kritisieren etwa die Pannenstatistik, die ein Gradmesser für die Qualität eines Modells sein soll. Der Vorwurf der Kritiker: Marken mit eigenem Pannenhilfsdienst flössen in die Statistik gar nicht ein; diese berufe sich nur auf Schäden, die über die ADAC-Nummer gemeldet würden. Der Verband räumt auf seiner Internetseite ein, dass viele Schäden gar nicht in die Tabelle einfließen. Allerdings hätten „neutrale Umfragen ergeben, dass ADAC-Mitglieder bei einer Panne allermeist ihren Club anrufen – und nicht die Hotline des Autoherstellers“.

Das sind die Alternativenzum Marktführer ADAC

Andere Anbieter hoffen derweil auf Mitgliederzuwächse durch verprellte ADAC-Kunden – denn es gibt Alternativen zum Marktführer. Auch der Auto Club Europa (ACE), der Automobilclub von Deutschland (AvD), der Automobilclub Kraftfahrer-Schutz (KS), der Automobil-Club Verkehr (ACV) und der Auto- und Reiseclub Deutschland (ARCD) sind im Notfall zur Stelle. Schutzbriefe von Versicherungen umfassen je nach Anbieter und Tarif ebenfalls das Abschleppen sowie Mietwagen und Hotelkosten. In der Regel sind Clubs und Versicherungen rund um die Uhr erreichbar und arbeiten mit örtlichen Abschleppunternehmen zusammen.

Wer einen Neuwagen kauft, kann sich die Club-Mitgliedschaft oft sowieso sparen: Viele Automarken spendieren sogenannte Mobilitätsgarantien – und leiten Hilferufe von Liegenbleibern direkt an den ADAC weiter.