Bonn.

Das Bundeskartellamt hat wegen verbotener Preisabsprachen bei Bier hohe Bußgelder gegen bekannte Brauereien verhängt. Wegen der Manipulationen mussten Verbraucher für eine Kiste Bier einen Euro mehr ausgeben. Betroffen sind Bitburger, Krombacher, Veltins, Warsteiner sowie die westfälische Privatbrauerei Barre. Sie sollen insgesamt 106,5 Millionen Euro Bußgeld zahlen. Gegen zwei weitere Brauereikonzerne und vier regionale Brauereien liefen weitere Verfahren, teilte die Behörde am Montag mit. Auslöser des Verfahrens waren Informationen des Beck's-Herstellers Anheuser-Busch InBev, der als Kronzeuge ohne Geldbuße bleibt.

Laut Kartellamtschef Andreas Mundt soll die Branche bei persönlichen und telefonischen Kontakten Preiserhöhungen für Fass- und Flaschenbier abgesprochen haben. Bei Flaschenbier sei 2008 eine Preiserhöhung für den Kasten Bier um einen Euro vereinbart worden. Für Fassbier gab es nach den Ermittlungen Absprachen über Preiserhöhung 2006 und 2008 von jeweils fünf bis sieben Euro pro Hektoliter (100 Liter).

Brauereien stimmten Beendigung des Verfahrens zu

Bitburger, Krombacher, Veltins und Warsteiner hätten bei der Aufklärung kooperiert. Die vier Brauereien und Barre stimmten einvernehmlich einer Beendigung des Verfahrens zu - dafür gab es einen Bußgeldnachlass, teilte die Bonner Behörde mit. Formell sind die Geldbußen allerdings noch nicht rechtskräftig.

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Die Brauerei Veltins begrüßte in einer Erklärung den Abschluss des Verfahrens. Veltins habe die Ermittlungsarbeit unterstützt, hieß es. Es gehe um die "wahrheitsgemäße Tatsachenfindung und endgültige Vergangenheits-Bewältigung zurückliegender Vorgänge".

Ein viel höheres Bußgeld wäre möglich gewesen

Der deutsche Biermarkt ist seit Jahren rückläufig. Das Bußgeld trifft die Brauer deshalb hart. "Sie nehmen uns den Ertrag von ein bis zwei Jahren", sagte ein Insider. Allerdings liegen die Bußgelder noch deutlich unter der Höchstgrenze: Nach den Bußgeldleitlinien des Kartellamtes wären bis zu zehn Prozent der Jahresumsätze der betroffenen Brauereien möglich gewesen. In der Branche waren deshalb zunächst sogar noch höhere Strafen von mehr als 200 Millionen Euro für möglich gehalten worden.

Der Bierverbrauch ist heute niedriger als vor der Wiedervereinigung 

2013 ging der Bierkonsum in Deutschland nach Schätzungen des Brauerbundes abermals um zwei bis drei Prozent auf 95 Millionen Hektoliter zurück. Damit mussten deutsche Brauereien zum siebten Mal in Folge ein Minus verkraften. Setzten die 1281 Braustätten im Jahr 2004 noch 106 Millionen Hektoliter Bier ab, mussten sich 2012 knapp 1340 Brauereien mit 96,5 Millionen begnügen.

Der Pro-Kopf-Verbrauch verdeutlicht am anschaulichsten die Talfahrt der Biertrinkernation Deutschland: 2012 tranken wir nur so viel Bier wie vor der Wiedervereinigung, als der Osten noch nicht dazu gehörte. Mit 105,5 Litern (siehe Grafik) liegen die Deutschen im europäischen Vergleich aber immer noch an dritter Stelle. Mehr Bier trinken nur Österreicher und Tschechen.

Einer der Gründe: Die Vernunft der Autofahrer

Die Gründe für den seit Jahren nachlassenden Bierdurst sind vielschichtig. Experten machen dafür die älter werdende Gesellschaft, die Vernunft der Autofahrer und den Trend zur bewussten Ernährung verantwortlich. Aber auch immer weniger 18- bis 25-Jährige ziehen feiernd durch die Kneipen. Zumal bei jungen Leuten eher Mixgetränke als ein kühles Pils hoch im Kurs stehen.

Aber nicht nur das gewandelte Konsumverhalten nimmt die Brauer in die Zange. Viele Hersteller erhöhten im vergangenen Herbst die Preise um bis zu fünf Prozent, weil sie unter steigenden Kosten für Rohstoffe und Energie leiden. Ob die höheren Preise am Markt durchzusetzen sind, steht allerdings auf einem ganz anderen Blatt. Die Gaststätten in NRW kämpfen ohnehin um jeden Gast, seitdem das generelle Rauchverbot ausgerufen wurde. Und in Supermärkten und Getränkecentern können Verbraucher im wöchentlichen Wechsel den Kasten Premium-Pils für 9,99 Euro oder manchmal noch günstiger kaufen. Der reguläre Preis außerhalb der Aktion liegt hingegen bei 13 Euro.

Der Handel braucht niedrige Preise als Lockmittel

Damit ist im Handel der Preis für Bier so günstig wie vor 20 Jahren. Für den Einzelhandel sind die Sonderangebote für Gerstensaft nach wie vor große Frequenzbringer, die Kunden in die Läden locken. Nach Einschätzung des deutschen Getränkefachgroßhandels aus dem vergangenen Jahr werden mittlerweile fast drei Viertel aller Bierkästen zu deutlich reduzierten Sonderpreisen verkauft.

Der gewaltige Preisdruck im Handel bringt die Brauereien in Zugzwang. Mit immer neuen Innovationen versuchen sie, die Kunden bei der Stange zu halten: Dazu gehören alkoholfreie Biere und Fassbrausen, aber auch Mixgetränke, herbe und dunkle Bier-Varianten.

Im Export läuft es gut für die deutschen Brauer

Während in Deutschland die Wende zu einem Absatzplus bislang ausblieb, wird nach dem deutschen Reinheitsgebot gebrautes Bier im Ausland indes immer beliebter. Das Exportklima-Barometer zeigte sich Ende 2013 in keiner anderen Branche so positiv wie in der Brauwirtschaft. 2012 lag der Exportanteil bei deutschen Bieren bei über 16 Prozent. Importiert wurden nur rund acht Prozent. (meß mit dpa)