Tengelmann war in negativen Schlagzeilen wegen der Beteiligung am Textildiscounter KiK. Was ist mit Ihrer eigenen Verantwortung nachzuschauen, was Sie in Billiglohnländern einkaufen? Der verheerende Einsturz einer Fabrik in Bangladesch und der Brand in einer anderen haben weltweit für Entsetzen gesorgt.

Es ist mittlerweile unbestritten, dass alle einkaufenden Textilunternehmen mit diesem Problem zu tun haben – selbst die teuren Labels. Wir hatten in den letzten Jahren begonnen, allein und aus eigener Kraft einige Verbesserungen in den Produktionsländern auf die Beine zu stellen. Das ist uns aber nicht mit großem durchschlagendem Erfolg gelungen. Es ist sehr traurig, dass es dieses tragische Unglück brauchte, damit sich alle Unternehmen, die dort produzieren lassen, endlich an einen Tisch setzten, um gemeinsam etwas zu bewegen. Das Brandschutzabkommen für Bangladesch wäre vorher gar nicht denkbar gewesen.

In der Frage, wie Einsturz- und Brandopfer in Bangladesch angemessen entschädigt werden, hat diese Einigkeit aber nicht funktioniert.

Wir wollen gerne den gemeinsamen Hilfsfonds auf den Weg bringen, aber nicht allein. Wir können das Problem nicht allein lösen.

Warum halten Sie überhaupt an Ihrer Strategie fest, T-Shirts für 1,99 Euro anzubieten?

Weil letztlich viele Menschen darauf angewiesen sind, so preiswert einzukaufen und weil die Qualität nicht schlechter ist als teurere Ware. Ich wehre mich dagegen, dass es aufgrund niedriger Preise automatisch zu schlechten Produktionsbedingungen kommen muss. Ich habe mir die Fabriken angeschaut, in denen KiK, aber auch Markenfirmen nähen lassen. Andere verkaufen Produkte aus denselben Nähereien mit 200 oder sogar 400 Prozent Marge. Würden die Textilunternehmen die Aufträge für Bangladesch jetzt streichen, müssten wir das Land in fünf Jahren wieder mit Entwicklungshilfe unterstützen.

Sie beklagen, dass es in Deutschland zu viele Handelsgeschäfte gibt.

In Deutschland haben wir nach wie vor 25 Prozent zu viel Verkaufsfläche, beobachten aber in diesem Jahr erstmals, dass langsam Vernunft einkehrt. Die hemmungslose Expansion scheint beendet zu sein. Durch die Insolvenz von Schlecker und Praktiker gab es eine erste Flächenbereinigung im Drogerie- und Baumarktbereich. Zudem verlagern sich Umsatzanteile ins Internet.

Sie bezeichnen Zalando als Ihre erfolgreichste Beteiligung. Man hört, dass Zalando Verluste einfährt.

Im Internet muss man so schnell wie möglich so groß wie möglich werden, um eine unangreifbare Position zu bekommen. Amazon hat zehn Jahre gebraucht, aber heute kommt an Amazon niemand mehr vorbei. Und so wird es auch bei Zalando für Mode und Schuhe sein.

Sind Lebensmittel eine Lebensversicherung für den stationären ­Handel in Deutschland? Der ­Handelsverband spricht jedenfalls von einer Renaissance des Supermarkts.

Für 2012 stimmt das. Seit Anfang 2013 kippt diese Entwicklung aber wieder. 2013 war ein Jahr des Discounts. Die Discounter sind unglaublich innovativ, haben in Frisch-Backsysteme investiert, ihren Markenanteil ausgebaut und die Öffnungszeiten verlängert. Da wir noch an der Kette Netto beteiligt sind, wissen wir aus erster Hand, wie gut sich das Segment entwickelt.

Bekommen Sie den Trend zu längeren Öffnungszeiten bei den Discountern auch in Ihren Supermärkten zu spüren?

Ja, natürlich. In den letzten zwei Stunden am Abend ist es deutlich ruhiger geworden, seit die ­Discounter länger geöffnet haben. Aber am deutlichsten spüren es wohl die Tankstellenshops, die in den vergangenen Jahren enorme Zusatzsortimente aufgebaut haben.