Berlin. .

Die Grundzüge der europäischen Bankenunion stehen. In der Nacht zum Donnerstag einigten sich die EU-Finanzminister nach jahrelangem Streit auf einheitliche Regeln zur Abwicklung von maroden Geldhäusern, das größte europäische Wirtschaftsprojekt seit Einführung des Euro. Das europäische Parlament muss noch zustimmen, kleinere Änderungen sind demnach noch zu erwarten. Die NRZ beantwortet die wichtigsten Fragen:

Was soll mit der europäischen Bankenunion erreicht werden?

Pleitebanken sollen den Steuerzahlern künftig nicht mehr auf der Tasche liegen. Oder zumindest möglichst wenig. In der Finanzkrise haben wackelige Kreditinstitute Staaten an den finanziellen Abgrund geführt. Steuerzahler mussten für Banken mit fragwürdigen Geschäftsmodellen einstehen, um den Zusammenbruch des Finanzsystems zu verhindern. Der Euro stand auf der Kippe. Künftig sollen Steuerzahler erst als letzte Instanz haften. Banken sollen sich selbst retten oder in einem geordneten Verfahren geschlossen werden.

Wie funktioniert das?

Mit einer „Haftungskaskade“. Der „gemeinsame Abwicklungsmechanismus“ nimmt zunächst Aktionäre, Anleihengläubiger der Banken und Großsparer mit Einlagen von mehr als 100 000 Euro in die Pflicht. Dann springt ein Rettungsfonds ein, in den die Banken bis 2026 insgesamt 55 Milliarden Euro einzahlen sollen. Das Geld wird zunächst in „nationalen Kammern“ gesammelt, damit etwa deutsche Banken nicht für spanische Pleitehäuser bluten müssen. Bis 2026 wird die Haftung jedoch Schritt für Schritt vergemeinschaftet. Am Ende der Kaskade schließlich, wenn noch immer Geld fehlt, kommen die Steuerzahler ins Spiel.

Reicht das Geld?

Kaum. Geraten eine oder gar mehrere Großbanken in Schieflage, sind 55 Milliarden Euro aller Erfahrung nach nicht mehr als die sprichwörtlichen „Peanuts“. Vor allem in der Ansparphase ist viel zu wenig Geld im Topf.

Wer entscheidet über die Hilfen?

Ein mehrstufiger Prozess: Die Zentralbank EZB als künftige europäische Bankenaufseherin stellt fest, dass eine Bank pleite ist. Ein „Abwicklungsgremium“ („Board“) entscheidet über die Details der Schließung. Die EU-Kommission kann ein Veto einlegen, das letzte Wort sollen bei einem Streit die EU-Finanzminister haben.

Hat die Bundesregierung ihre Interessen durchgesetzt?

Der alte und neue Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist zufrieden. Der Badener reklamiert es als Erfolg für sich, dass Pleitebanken auch künftig nicht direkt den Euro-Rettungsfonds ESM anzapfen dürfen.

Was gehört noch zur Bankenunion?

Insgesamt gibt es drei Säulen. Neben dem genannten Abwicklungsfonds auch eine einheitliche Bankenaufsicht, die künftig bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelt ist. Sie überwacht 130 Großbanken und weitere Institute, die besonders viele grenzüberschreitende Geschäfte abwickeln. Rund 250 Häuser dürften so schärfer überwacht werden als bisher durch die nationalen Aufsichtsbehörden. Säule drei: Einheitliche Regeln für die nationale Spareinlagensicherung der Banken.

Was ändert sich für deutsche Sparer?

Für Bankkunden in Deutschland ändert sich im Grunde nichts. Auch für das deutsche Sondermodell mit den drei Bankgruppen bleibt alles beim Alten. Privatbanken behalten ihre eigenen Sicherungssysteme, Sparkassen und Genossenschaftsbanken bleibt die so- genannte „Institutssicherung“ erhalten.