Düsseldorf. . Nach dem tagelangen Umleitungs-Chaos am Essener Hauptbahnhof ringt die Landesregierung mit den Rechtsnachfolgern stillgelegter unterirdischer Problemstollen. Die Hohlräume müssen zum Teil kostenintensiv mit Beton verfüllt werden. Im Fokus stehen auch Eon, RWE und Thyssen-Krupp.

Das tagelange Bahnchaos wegen des Essener „Problemstollens“ hat die jahrhundertealte Hinterlassenschaft des Bergbaus wieder ins breite Bewusstsein zurückgeholt. Plötzlich muss sich nicht mehr nur der noch aktive Steinkohleförderer RAG nach seiner Vorsorge für sanierungsbedürftige Altschächte fragen lassen, sondern auch Konzerne wie Eon, RWE und Thyssen-Krupp. Schließlich ist allein Eon als Nachfolgegesellschaft für 5500 Schächte verantwortlich, RWE für etwa 1900, Thyssen-Krupp für 125.

Welche Kostenfalle lauern kann, haben die vergangenen Tage gezeigt: Wären die am Essener Hauptbahnhof gefundenen Hohlräume eindeutig dem 1848 eröffneten Bergwerksfeld „Ver. Hoffnung et Scretarius Aak“ zuzuordnen gewesen, hätte die RWE Service GmbH als heutige Rechtsnachfolgerin für die enormen Bohrungs- und Stabilisierungsarbeiten aufkommen müssen. Die Bergbau-Experten der Bezirksregierung Arnsberg gehen jedoch davon aus, dass die Hohlräume und Verbruchzonen unter dem Gleisbett aus dem 18. Jahrhundert stammen. Das Land wird so niemanden mehr haftbar machen können.

Rückstellungen bei Eon, RWE und Thyssen-Krupp

Bei den Energieversorgern Eon und RWE und dem Stahlriesen Thyssen-Krupp geht man davon aus, dass man in den nächsten 20 bis 30 Jahren zusammen eine dreistellige Millionensumme aufbringen muss, um Schächte zu sichern und zu sanieren. Diese möglichen Kosten müssen in den Unternehmensbilanzen als Rückstellungen berücksichtigt werden. Genaue Zahlen wollen die Gesellschaften jedoch nicht nennen.

„Wir haben finanzielle Vorsorge getroffen“, sagte ein Vertreter von Eon am Freitag vor dem Landtagsausschuss für Bergbausicherheit. Die Rückstellungen, die im Konzern gemacht worden seien, würden nach Sanierungsmaßnahmen an akut gefährdeten Schächten „immer wieder aufgefüllt“. Ähnlich allgemein blieb ein Manager der RWE Service GmbH: „Wir haben für alles, für das wir Verantwortung tragen, Rückstellungen gebildet.“

20 000 Tonnen Beton pro Jahr

Offener zeigte sich nur die RAG, in deren Verantwortung 4700 Schächte liegen. Pro Jahr sichere man 30 bis 35 Schächte und betreibe ein systematisches Monitoringsystem. 20.000 Tonnen Beton würden pro Jahr in Hohlräume gekippt. Es gebe mehr als vier Milliarden Euro an Gesamtrückstellungen für die Folgen des Bergbaus.

Insbesondere die Grünen-Landtagsfraktion dringt auf größere Transparenz und bessere Risikoabschätzung. „Die Unternehmen haben sich teilweise um klare Aussagen zu Rückstellungen und den Kosten des Altbergbaus gedrückt. Pauschale Hinweise, dass die Rückstellungen ausreichend seien und Präventivprogramme laufen, reichen nicht aus“, sagte Bergbau-Expertin Wibke Brems.

Hohe Rückstellungen der Konzerne

„Auch die Standards für Sicherungsmaßnahmen des Altbergbaus müssen definiert werden und eine behördliche Aufsicht eingeführt werden“, forderte Brems. Während die Bezirksregierung Arnsberg als zuständige Landesbehörde für 1800 Schächte selbst die Verantwortung trägt, betreiben die Konzerne eigenes Risikomanagement. Die Grünen wollen das Verfahren vereinheitlichen und diskutieren nun eine Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen wie des Ordnungsbehördengesetzes. RWE dagegen verwies darauf, dass die Rückstellungen der Unternehmen von Wirtschaftsprüfern begutachtet würden und die Verfahren zur Bergschadenserkennung und -behebung zertifiziert seien.