Brüssel. . Apple, Google und Co. sind nicht nur bei der Entwicklung neuer Produkte kreativ. Auch die Buchhalter der Unternehmen besitzen Kreativität. Besonders dann, wenn es darum geht, Schlupflöcher in den Steuergesetzen zu nutzen. Die EU-Staaten wollen die Löcher jetzt stopfen.

Doppel-Besteuerung ist ein Übel, das die Europäische Union mittlerweile weitgehend ausgerottet hat: International aufgestellte Firmen müssen nicht für dieselben Einkünfte mehrfach an den Fiskus zahlen. Mittlerweile stellt sich das Problem aber umgekehrt: Firmen nutzen Schlupflöcher der unterschiedlichen Systeme so geschickt aus, dass sie überhaupt nichts mehr zahlen. Vor allem Google, Apple und andere große Spieler der IT-Branche sollen sich die Ungereimtheiten der Steuersysteme zunutze machen. Damit soll jetzt Schluss sein, sagt die EU-Kommission.

Besondere Kreativität

EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta stellte unlängst ein Konzept vor, mit dem er die „Doppelnull-Besteuerung“ der Firmen eindämmen will. Es gehe nicht an, dass der Missbrauch der Regelungen in den Mitgliedsstaaten zu „einem Sport für diejenigen werde, die sich ihren Steuerpflichten entziehen wollen“, sagte Semeta bei der Präsentation seiner Lösung. „Wir reden da über Milliarden-Beträge.” Es gehe aber nicht nur um „die großen Namen“ wie Apple, Google oder Amazon, also die üblichen Verdächtigen in Sachen „aggressive Steuervermeidung“. Dabei sind gerade diese besonders kreativ, wenn es um die Vermeidung von Steuern geht.

Anfang Oktober wurde beispielsweise bekannt, dass Google 8,8 Milliarden Euro auf die Bermudas transferiert haben soll. Dabei soll es sich vor allem um Lizenzgelder handeln, berichtete die „Financial Times“. Laut der Zeitung habe sich die Summe der Lizenzeinnahmen, die die niederländische Tochter des Suchmaschinenbetreibers auf die Bermudas schafft, innerhalb der letzten drei Jahre verdoppelt. Auch wurde immer wieder Kritik laut, Google würde Einnahmen aus internationalen Geschäften im Niedrigsteuerland Irland versteuern und von dort in die Karibik weiterleiten. So gelinge es dem Konzern, gerade einmal fünf Prozent Steuern zu zahlen. In den Staaten, in denen Googles Kunden wohnen, vermeidet das Unternehmen so Zahlungen an den Fiskus – auch in Deutschland.

Apple nutzt eine Unterfirma zum Steuern sparen

Apple ist ebenso groß darin, Steuern zu sparen. Der US-Elektronikkonzern nutzt dazu eine Unterfirma, die Apple Sales International (ASI), die iPads, iPhones und anderes Elektronikspielzeug bei den Herstellern in China einkauft und dann zum Beispiel an die europäischen Apple-Töchter weiterveräußert. ASI wurde in Irland gegründet, wird aber aus den USA geleitet. Und hier bedient sich Apple eines Tricks: Laut irischem Recht muss sich eine Firma in jenem Land beim Fiskus anmelden, in dem sie gemanagt wird. US-Recht verlangt hingegen, dass die Firma dort Steuern zahlt, wo sie gegründet wurde. So schafft es Apple, weder in den USA noch in Irland für ASI zu zahlen.

Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht des US-Senats. Apple hat diesen nie dementiert. Kritik an solchen Praktiken kommt auch von deutschen Unternehmern. So bemängelte Burda-Chef Paul-Bernhard Kallen kürzlich in der „Zeit“, gerade US-Firmen hätten große finanzielle Vorteile durch niedrige Steuerlasten. So seien sie in der Lage, ihr Geschäft viel schneller aufzubauen und Märkte schneller zu besetzen.

Neue Regeln ab Januar

Damit solche Tricks der Vergangenheit angehören, will EU-Kommissar Semeta eine Missbrauchsklausel für alle EU-Staaten verbindlich machen. Damit soll verhindert werden, dass eine Firma dank findiger Buchhalter zwar formal die Vorschriften einhält, aber den tatsächlich erzielten Gewinn nirgendwo versteuert.

Die neuen Regeln sollen ab Januar 2014 gelten. Zuvor müssen aber die EU-Staaten zustimmen, und zwar wie immer in Steuerfragen einstimmig.