Duisburg. .

Grünen-Landtagsfraktionschef Reiner Priggen hat die energieintensiven Unternehmen in NRW auf einschneidende Veränderungen bei den bislang weitreichenden Befreiungen von Abgaben zur Ökostrom-Förderung eingestimmt. „Die immer weiter ausgedehnten Ausgleichsregelungen werden nicht zu halten sein“, sagte Priggen vor rund 250 Firmenvertretern beim Duisburger Unternehmertag. Nach einem persönlichen Gespräch mit EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia stehe für ihn fest, dass Brüssel die Befreiungen von der EEG-Umlage in zahlreichen Branchen als Verstoß gegen das europäische Wettbewerbsrecht einstufe und deshalb kommende Woche ein Beihilfeverfahren gegen Deutschland einleiten werde.

Konkret erwartet Priggen, dass etwa die Zement-, Bergbau- oder Textilindustrie nicht mehr mit hohen Rabatten rechnen können. Also Branchen, die nicht im internationalen Wettbewerb stehen. Richtschnur für die Gewährung von Ausnahmen bei der Ökostrom-Förderung sei das Kriterium des internationalen Wettbewerbs: Deutsche Unternehmen sollten durch die besondere Ökostrom-Förderung keine Benachteiligungen erleiden. Laut Priggen werde Almunia die gewährten Beihilfen rückwirkend zum Juli 2011 untersuchen und wirke „fest entschlossen, vor seinem Ruhestand im Herbst 2014 das Verfahren abzuschließen“.

Zahlreichen Unternehmen drohen damit millionenschwere Rückzahlungen. In Deutschland kommen zurzeit mehr als 2500 Betriebe in den Genuss von Nachlässen über mehr als vier Milliarden Euro. Selbst Konzerne, die nach dem EU-Wettbewerbsrecht weiterhin mit Ausnahmen bei der EEG-Umlage rechnen können, wie die Stahl- oder Aluminiumindustrie, müssen offenbar für die Dauer des Beihilfeverfahrens hohe Rückstellungen in den Bilanzen bilden. Allein der Essener Technologie- und Stahlkonzern Thyssen-Krupp könnte gezwungen sein, rund 100 Millionen Euro zurückzulegen. Kleineren Aluhütten drohe deshalb das Aus.

Als problematisch erweist sich zudem, dass die Landesregierung in den vergangenen Wochen eher Signale der Beruhigung ausgesendet hatte. NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) etwa hatte erst Anfang November eine Streichung der Ausnahmen von der Ökostrom-Umlage für die Steinkohle für „nicht verhandelbar“ erklärt. Wohl auch deshalb beklagte RWE-Deutschland-Chef Arndt Neuhaus beim Duisburger Unternehmertag das schlechte Image der Energiewende und die hohe Verunsicherung in vielen Vorstandsetagen: „Wir brauchen mehr Planungssicherheit.“

Unter den in Duisburg versammelten Unternehmern wurde die Sorge geäußert, dass das Brüsseler Beihilfeverfahren nur der erste Angriff sein könnte, um das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) auf Sicht „zu zerschießen“. Die aktuell zwischen Union und SPD in Berlin verabredeten Reformen könnten sich als Ergebnis von „Phantom-Debatten“ erweisen, so der Geschäftsführer eines Montanbetriebs. Kommentar