Siegen. . Der von Union und SPD ausgehandelte Koalitionsvertrag stößt in Südwestfalen auf deutliche Kritik. Der Verband der südwestfälischen Wirtschaft fürchtet höhere Ausgaben für die Unternehmen. Verbandschef Jörg Dienenthal macht sich Sorgen um die Zukunftsfähigkeit des Standortes Deutschland.

Die südwestfälische Wirtschaft sorgt sich angesichts des nun vorliegenden Koalitionsvertrages in Berlin um die Zukunftsfähigkeit des Standortes Deutschland. „Ein ernsthafter Willen zu Reformen ist darin nicht auszumachen“, kritisierte Jörg Dienenthal, Vorsitzender des Verbandes der Siegerländer Metallindustriellen (VdSM), am Rande der Vorlage der jüngsten Konjunkturumfrage in Siegen. Seiner Ansicht zufolge handelt es sich bei der Einigung von Union und SPD auf eine künftige Zusammenarbeit um das „Zurückführen von Dingen, die uns gut getan haben.“ Die Agenda 2010 sei nur ein Beispiel. Dies werde der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen schaden, so der Verbandsvorsitzende.

Höhere Ausgaben

Besonders stoßen sich die Unternehmer an den höheren Ausgabenwünschen der Koalitionspartner. „Die Große Koalition wird uns eine Menge kosten“, kritisierte Jörg Dienenthal und verwies dabei insbesondere die geplanten 850 Milliarden Euro zusätzlich für die Rentenvereinbahrungen (Mütterrente und abschlagfreier Rentenbeginn mit 63 bei vielen Beitragsjahren): „Der Geschmack dabei wird nicht besser“. Ganz oben auf der Liste der Kritikpunkte steht bei den Metallindustriellen aus der Region die Einführung des flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns. Dienenthal nannte ihn „eine Gefährdung von Arbeitsplätzen“ und „einen Angriff auf das Prinzip der Tarifautonomie.“ Ganze Branchen werden seiner Ansicht zufolge in kurzer Zeit ihre Tarifstrukturen verlieren. Und wenn schon Mindestlohn, dann solle er von den Tarifpartnern ausgehandelt werden und nicht vom Staat festgelegt, so der Verbandschef.

Von der Politik ungelöst sind seiner Ansicht zufolge auch die Auswirkungen der Energiewende auf den Standort Deutschland - Unternehmen der Metallindustrie gelten als große Stromverbraucher. „So kann es nicht weitergehen“, kritisierte Dienenthal. „Die Energiewende gefährdet die Leistungsfähigkeit unseres Industriestandorts.“

Derzeit stehe Deutschland international aber noch gut da, musste er einräumen. Das gelte auch für die Industriebetriebe in der Region Siegen-Wittgenstein. Den Metallunternehmen kommt überdies eine besonderheit aus den Krisenjahren 2008/2009 zugute - die Kooperation von Firmen einer Branche unter dem Dach des Verbandes zur besseren Ausnutzung von Personal- und Produktions-Kapazitäten. Ein Sondertarifvertrag regelt die Überlassung von Arbeitnehmern oder Werkshallen bei Produktionsspitzen eines Unternehmens.

„Wir werden darum beneidet“

„Wir werden von anderen Regionen darum beneidet“, sagt Dienenthal. Das Ganze spiele sich auf der Ebene der Betriebsleister ab. Wenn einer Bedarf an Facharbeitern oder Raum für die Montage habe, brauche er nur die Betriebsleiter anderer Metallwerke abzutelefonieren. Das passiere regelmäßig mehrmals im Jahr.

Auch bei der Ausbildung funktioniere die Zusammenarbeit. So haben die Firmen Dango und Dienenthal und Achenbach Buschhütten bereits ihr jeweils erstes Lehrjahr zusammengelegt.