Essen. Die Zeiten, da Mitarbeiter vergünstigt die Produkte erhalten, die sie herstellen oder vertreiben, sind keine Selbstverständlichkeit mehr. Bei RWE wird über das Ende des Strom-Rabatts für künftige Mitarbeiter nachgedacht. Im Bergbau und in Brauereien ist die Deputat-Welt aber noch in Ordnung.
Kohle
Bis zu sieben Tonnen Kohle stehen einem aktiven Kumpel jährlich zu. „Davon machen aber immer weniger Mitarbeiter Gebrauch”, sagt Udo Kath, Sprecher der Deutschen Steinkohle AG (DKS). Die Zahl der Haushalte, die Koks im Ofen oder im Kessel verfeuern, schrumpft. Deshalb können sich die Beschäftigten den Gegenwert für den „Hausbrand” auch in Bargeld („Energiebeihilfe”) umwandeln lassen – zum Marktpreis. Aktive Bergleute erhalten pro Tonne, die ihnen zustehen, 126 Euro, Rentner 122 Euro. „Der geldwerte Vorteil ist zu versteuern”, betont Kath.
Die komplizierten Bestimmungen für den „Hausbrand” sind auf 16 Seiten im Manteltarifvertrag für den Bergbau geregelt. Danach können aktive Arbeiter – je nach Familienstand und Haushaltsgröße – jährlich bis zu sieben Tonnen Kohle beantragen. Angestellte bekommen eine Tonne mehr. Rentner haben Anrecht auf 2,5 Tonnen (Arbeiter) und drei Tonnen (Angestellte).
An den für das Ruhrgebiet typischen Regelungen wollen nach eigenen Angaben weder die DKS noch die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie rütteln.
Bier
Das gilt auch für viele Brauereien. „Der Haustrunk ist ein ganz traditionelles Instrument”, sagt Veltins-Sprecher Ulrich Biene. Das Bier-Deputat stamme aus der Zeit, als die Brauer noch schwer körperlich arbeiten mussten und mit dem Pils gleich ihren Durst löschten. So konnten sie noch in den 50er Jahren mit Wertmarken den Gerstensaft frisch vom Fass zapfen. Bis der Alkoholgenuss – nicht nur in Brauereien – für unerwünscht erklärt wurde.
Seither verfügen die Veltins-Mitarbeiter über ein Haustrunk-Konto. Wie es aufgefüllt wird, regelt der Brauer-Manteltarifvertrag für das Sauer- und Siegerland. Danach erhalten gewerbliche und technische Mitarbeiter pro Arbeitstag 2,5 Liter Bier, Angestellte zwei Liter. Ulrich Biene: „Veltins zahlt freiwillig auch für die Urlaubstage. Das macht 60 Liter aus.” Rentner sind mit zehn Litern pro Monat dabei.
Veltins-Mitarbeiter können das ihnen zustehende Bier-Deputat ansparen und sich für die nächste Privat-Party ein Fässchen bei der Haustrunk-Abholstelle, die dreimal wöchentlich öffnet, besorgen.
Schoko-Riegel
Bei Mars in Viersen können die Beschäftigten während der Arbeitszeit so viele Schoko-Riegel essen, wie sie mögen und ihre Hüften verkraften. „Ein Deputat gibt es nicht. Die Kollegen können sich an einem Regal bedienen”, erklärt Mars-Sprecher Nico Schiller. Im Hausverkauf gibt's Rabatt – sondern auch auf Mars-Produkte wie Tiernahrung, Kaugummi und Uncle Ben's Reis.
Mitarbeiter, die ehrenamtlich engagiert sind, können sich gratis einen Karton Süßes etwa für ein Pfarrfest abholen – aber nicht für den Eigenverzehr.
Gas & Strom
Der größte deutsche Energiekonzern Eon hat nach eigenen Angaben schon in den 90-er Jahren Deputate für Gas und Strom abgeschafft. Bei RWE in Essen stehen die Vergünstigungen für künftige Mitarbeiter gerade zur Disposition. Die Gratisstrom-Menge variiert in den Unternehmensbereichen und nicht alle Beschäftigten profitieren davon. Wer wieviele Kilowattstunden erhält, hängt auch von der Betriebszugehörigkeit, so ein Sprecher des Energieriesen.
Bei RWE werden bereits Unterschriften gegen eine Neuregelung gesammelt. Diese wäre nach Angaben der Gewerkschaft IGBCE aber nur möglich, wenn RWE bis Ende September die Betriebsvereinbarung kündigt. Sonst gelte die Deputat-Regelung ein weiteres Jahr. Laut IGBCE liegt eine Kündigung aber noch nicht vor.