Berlin.

Die Finanzspekulation mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen kann zu Hunger und letztlich zu Todesopfern führen. Darüber, ob dieser schwerwiegende Vorwurf zutrifft, debattieren seit Jahren Politiker, Ökonomen und Entwicklungsorganisationen. Jetzt hat die Organisation Foodwatch eine neue Studie veröffentlicht, mit der sie unter anderem die Deutsche Bank angreift.

In den vergangenen Jahren stiegen die Preise auf den Weltmärkten für Agrarrohstoffe zweimal so stark, dass es in einigen Entwicklungsländern zu Revolten kam. Brot und andere Lebensmittel wurden so teuer, dass viele Leute sie sich nicht mehr leisten konnten. Eine wesentliche Ursache dafür seien die zunehmenden Summen, die Banken, Versicherungen und Investmentfonds in Wetten auf die zukünftigen Preise von Lebensmitteln investierten, argumentierte nicht zuletzt der ehemalige Greenpeace-Chef Thilo Bode, der die Organisation Foodwatch leitet. Diese versteht sich als Lobby für hochwertige, sozial- und umweltverträglich hergestellte Lebensmittel.

Bodes These ist aber keineswegs unumstritten. Besonders Thomas Glauben, Direktor am Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa, und sein Kollege Ingo Pies, Professor für Wirtschaftsethik der Universität Halle, nehmen die Gegenposition ein. Sie sehen einen „allenfalls geringen Einfluss“ von Finanzspekulationen auf die Preise von Agrarrohstoffen.

Die neue Foodwatch-Studie, die der Bremer Ökonom Hans-Heinrich Bass verfasste, soll diese Position nun erschüttern. Seine zentrale These lautet, dass wesentliche Untersuchungen, die Glauben und Pies als Beleg für ihre Einschätzung heranzögen, fragwürdig seien. So habe ein US-Forscher, der keinen Zusammenhang zwischen Spekulation und hohen Preisen feststellte, selbst im Auftrag einer entsprechenden Finanzfirma gearbeitet.

Agrarökonom Glauben kontert diesen Vorwurf mit dem Hinweis, dass er sich keineswegs nur auf die Recherchen eines einzigen US-Forscherteams stütze, sondern zahlreiche Studien verwendet habe. Diese untermauerten seine These, dass es „keine erdrückenden Beweise für erhebliche Preissteigerungen“ infolge von Agrarspekulation gebe.

Foodwatch-Chef Bode lässt sich von solchen Argumenten nicht beeindrucken. Die Deutsche Bank forderte er auf, gemäß des „Vorsorgeprinzips“ zu handeln. Entweder solle das größte deutsche Finanzinstitut die Spekulation im Nahrungsmittelsektor einstellen oder deren „Unschädlichkeit beweisen“.

Ein Sprecher der Deutschen Bank sagte, man werde „Kunden auch weiterhin Finanzinstrumente auf Agrarprodukte anbieten“. Bank-Volkswirt Folkerts-Landau betonte, der Preisanstieg im Agrarsektor sei „primär eine Folge wachsender Nachfrage wegen des Bevölkerungswachstums sowie eines höheren Lebensstandards in den Schwellenländern.“

Im Gegensatz zur Deutschen Bank haben laut Foodwatch andere Institute inzwischen erklärt, dass sie keine Agrarspekulation mehr betreiben wollten, darunter DZ Bank und Commerzbank. Auf europäischer Ebene diskutieren Rat und Kommission, ob Obergrenzen für die Zahl der Kontrakte eingeführt werden, die Investoren täglich an den Warenterminbörsen handeln dürfen. Diese Limits könnten den Druck der Spekulation verringern.