Berlin/Düsseldorf. Verdi droht den deutschen Einzelhändlern für das wichtige Weihnachtsgeschäft mit Streiks. Die Dienstleistungsgewerkschaft streitet seit Monaten mit den Arbeitgebern um einen neuen Tarifvertrag. In NRW sollen Mitarbeiter von Real und Ikea am Montag in Dinslaken und Duisburg streiken.

Im trubeligen Vorweihnachtsgeschäft könnte es in diesem Jahr zu Streiks kommen. Verdi droht mit Arbeitsniederlegungen, sollte nicht Bewegung in den Tarifkonflikt im Einzelhandel kommen. Es müsse endlich einen Tarifabschluss für
die Branche geben, forderte Stefanie Nutzenberger, die bei der Gewerkschaft im
Bundesvorstand ist, in der "Bild"-Zeitung (Montagausgabe).

"In Nordrhein-Westfalen haben die Arbeitgeber die 5. Verhandlungsrunde am 27. September platzen lassen, seitdem herrscht auf ihrer Seite Funkstille", erklärte Verdi-Verhandlungsführerin Silke Zimmer. Sie warnte: "Wer Störungen im Weihnachtsgeschäft vermeiden will, der muss in der Voradventszeit die Weichen richtig stellen. Die Arbeitgeber haben es in der Hand."

Streiks in Dinslaken und Duisburg am Montag

Die Gewerkschaft kündigte an, die Streiks in NRW schon in dieser Woche wieder auszuweiten. Für den Montag sind Arbeitskampfmaßnahmen bei "Real" in Dinslaken sowie bei Ikea in Duisburg geplant. "Im Verlauf der Woche werden weitere Betriebe in den Streik treten", hieß es weiter.

Auch im Versandgeschäft könnte es haken: Verdi will beim Internet-Riesen Amazon streiken: "Hundertprozentig legen wir über Advent die Arbeit nieder",
sagte der Verdi-Vertreter bei dem Online-Versandriesen in Bad Hersfeld, Heiner
Reimann, dem Nachrichtenmagazin "Focus". Neben dem Standort Bad Hersfeld gelte
das auch für die Niederlassung in Leipzig. "Ziel ist natürlich, dass
Weihnachtspakete liegen bleiben", betonte Reimann. "Am liebsten würden die Leute
durchgehend bis Heiligabend streiken."

Auch Merkel bezieht Stellung zum Online-Handel

Seit Monaten organisiert Verdi einen Arbeitskampf, um einen
Tarifvertrag mit dem Versandhändler zu erzwingen. Nach Schätzung des
Verdi-Verhandlungsführers in Leipzig, Jörg Lauenroth-Mago, verlassen täglich
mehrere zehntausend Pakete das dortige Logistikzentrum. Verdi will für die
bundesweit rund 9000 Amazon-Beschäftigten in den neun deutschen Versandzentren
einen Tarifvertrag auf dem Niveau des Versand- und Einzelhandels aushandeln.

Amazon Deutschland reagierte laut "Focus" gelassen auf die neuen
Streikankündigungen. Das Unternehmen sei "gut vorbereitet". Bisher orientiert
sich Amazon an den weniger günstigen Konditionen der Logistikbranche. Kürzlich
hieß es in einer Mitteilung: "Mitarbeiter der deutschen Amazon-Logistikzentren
liegen mit ihrem Einkommen am oberen Ende dessen, was in der Logistikindustrie
üblich ist."

Am Wochenende nahm auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihrer
wöchentlichen Internet-Videobotschaft zum Online-Handel Stellung. Sie
appellierte an die Anbieter, vertretbare Arbeitsbedingungen zu schaffen, die für
die Beschäftigten akzeptabel seien. Merkel sprach sich dafür aus, dass möglichst
viele Beschäftigte in der Branche nach Tarifverträgen bezahlt werden. (rtr/dpa)