Essen. .

Es scheint eine Reise gewesen zu sein, die beim NRW-Wirtschaftsminister nachhaltig Eindruck hinterlassen hat. Freimütig erzählt Garrelt Duin (SPD) vor den Gästen des Steinkohlentags in Essen, wie er wenige Wochen zuvor des Nachts in einer chinesischen Kneipe das Steigerlied in allen Strophen gesungen habe. Die Chinesen seien „sehr beeindruckt“ gewesen, erinnert sich Duin. Doch bei der Tour nach Peking und in die Provinz Shanxi gab es auch Gespräche über die Idee, in China eine Vorzeige-Zeche mit Hightech aus NRW zu errichten.

„Im Rahmen meiner Reise nach China wurden Überlegungen ausgetauscht, die Zusammenarbeit zwischen dem chinesischen Kohlenverband und NRW zu vertiefen“, sagte Duin am Rande des Steinkohlentags. „Dabei wurden auch Ideen skizziert, ein Referenz-Bergwerk in China mit deutscher Bergbautechnik auszurüsten und nach höchsten internationalen Standards zu betreiben. Welche Möglichkeiten es dafür gibt, muss nun intensiv geprüft werden.“

Schon seit einiger Zeit gibt es Bemühungen, ein Referenz-Bergwerk zu bauen, in dem die NRW-Industrie auch nach dem Ende der deutschen Steinkohlen-Förderung zeigen kann, wo ihre Stärken liegen. Schon Duins Vorgänger Harry Voigtsberger hatte die Chancen für ein Hochschul-Bergwerk ausloten lassen, um die heimische Bergbau-Zulieferindustrie im weltweiten Wettbewerb zu unterstützen. Bislang war allerdings von Standorten in Deutschland die Rede. Pläne für China sind neu. Ob etwas aus ihnen wird, ist offen.

Bernd Tönjes, der Chef des Bergwerkskonzerns RAG, kommentierte Duins Ideen beinahe überschwänglich, sprach von einer „tollen Idee“ und sagte: „Da würde Know-how auf eine entsprechende Lagerstätte treffen.“ Gerade beim Bergbau in großer Tiefe verfüge Deutschland über große Erfahrung, erläuterte Martin Junker, Chef der RAG-Tochterfirma Mining Solutions. „Im Hochtechnologie-Bereich haben wir Equipment, das die Chinesen noch nicht herstellen können.“ Schon jetzt hat die RAG Kunden in China, in der Türkei, in Mexiko, Polen und Russland.

In Deutschland wird Steinkohle nur noch fünf Jahre lang gefördert. Ende 2018 schießt auch die letzte der drei verbliebenen Zechen in NRW. Als „Branche im Sinkflug“ bezeichnete Tönjes den deutschen Bergbau. Allein innerhalb dieses Jahres baut die RAG 3000 Arbeitsplätze ab und kommt dann noch auf 14 500 Stellen in den Zechen Prosper-Haniel (Bottrop), Auguste Victoria (Marl) und Ibbenbüren.

Die RAG plant bereits für die Zeit nach der subventionierten Kohleförderung. Von einer „grünen RAG“ ist die Rede. Das Unternehmen lotet unter anderem die Chancen für den Bau von Pumpspeicher-Kraftwerken in ehemaligen Bergbau-Schächten aus.