Paris/Mannheim. Der französische Industriekonzern Alstom baut in Deutschland Hunderte Arbeitsplätze ab. Vor allem im Unternehmensbereich Stromerzeugung (Thermal Power) gebe es derzeit wegen sinkender Nachfrage Überkapazitäten, teilte der Siemens-Konkurrent am Mittwoch in Levallois-Perret bei Paris mit.
Betroffen von den Plänen seien unter anderem die Standorte Stuttgart, Neumark in Sachsen und Wiesbaden. Konzernweit sollen insgesamt 1300 Stellen wegfallen.
Details zu den Streichungen an deutschen Standorten wollte das Unternehmen zunächst nicht nennen. Deutschland-Chef Alf Henryk Wulf verwies auf laufende Verhandlungen. Den veröffentlichten Eckdaten zufolge sind von den Kürzungen im Sektor Thermal Power konzernweit rund 700 Stellen betroffen, dabei hauptsächlich Arbeitsplätze in Deutschland und der Schweiz. Weitere 600 Jobs sollen im Unternehmensbereich Informationssysteme und Technologie (IS&T) wegfallen.
Ein Sprecher von Alstom in der Schweiz sagte der Nachrichtenagentur sda, an den schweizerischen Standorten würden netto 75 Stellen gestrichen. Der Großteil der Pläne betreffe damit die Standorte in Deutschland.
Hierzulande beschäftigte Alstom zuletzt rund 9000 seiner insgesamt 93 000 Mitarbeiter. Der Standort Neumark in Sachsen, wo unter anderem Kraftwerkskomponenten hergestellt werden, gilt schon seit längerem als von der Schließung bedroht. Für einen Teil werde dort ein Käufer gesucht, gab Wulf am Mittwoch zu. Bleibe die Suche erfolglos, werde dieser Teil im kommenden Jahr geschlossen.
Die IG Metall reagierte empört auf die Ankündigung des Konzerns. "Das ist ein starkes Stück und gelinde gesagt frech, dass die Mitarbeiter davon aus den Medien erfahren", sagte Gewerkschaftssekretär Jörg Brodmann der Nachrichtenagentur dpa.
Erst Ende Oktober habe es in dem sächsischen Werk eine Betriebsversammlung gegeben. "Von der Geschäftsführung hat sich dabei niemand blicken lassen." Insgesamt sind etwa 200 Menschen in Neumark beschäftigt. Rund die Hälfte arbeitet in der Kesselproduktion, die andere im Service.
Auch an den Standorten Stuttgart und Wiesbaden sei mit Einschnitten zu rechnen, kündigte Wulf an - ohne aber Details zu nennen. In Stuttgart sind den Angaben zufolge rund 600 Mitarbeiter beschäftigt, hinzu kommen rund 100 Externe.
"Angesichts eines Geschäftsumfelds mit schwachem Wachstum müssen wir unsere Wettbewerbsfähigkeit weiter erhöhen", hatte Konzernchef Patrick Kron kurz zuvor zur Vorlage der jüngsten Geschäftszahlen erklärt. Neben konzernweit 1300 Stellenstreichungen plant er auch einen Teilverkauf der Bahntechnik-Sparte an industrielle Partner oder Finanzinvestoren.
Insgesamt will Alstom durch die Trennung von nicht strategischen Geschäftsfeldern ein bis zwei Milliarden Euro einnehmen. Neben Kraftwerken baut das Unternehmen unter anderem TGV-Züge, Fern- und Nahverkehrsbahnen sowie Hochspannungs-Schaltanlagen.
Dabei hat Alstom ähnlich wie die Konkurrenten Siemens und ABB vor allem mit der Investitionsscheu von Kraftwerksbetreibern zu kämpfen. In den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres 2013/2014 (April bis September) verbuchte Alstom einen deutlichen Nachfragerückgang. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ging das Auftragsvolumen um 22 Prozent auf 9,4 Milliarden Euro zurück. Der Nettogewinn sank bei einem Umsatz von 9,73 Milliarden Euro um 3 Prozent auf 375 Millionen Euro.