Essen.. Die Deutschen kaufen am liebsten mit der Tüte aus Polyethylen ein. Jetzt wollen EU-Politiker die Tüte verbannen. Staaten sollen die Möglichkeit bekommen, Plastiküten zu verbieten. Doch selbst Umweltschützer fürchten ein Verbot - und fordern stattdessen höhere Preise.

Sie sind eben praktisch. ­Nahezu alles, was es im Supermarkt zu kaufen gibt, passt in Plastiktüten. Vom Aufschnitt bis zur Zahnpasta – die Deutschen transportieren ihre Einkäufe am liebsten in Billigtaschen aus Kunststoff. Doch damit soll es bald vorbei sein: Die EU-Kommission will den ­Plastikbeutel aus Europas Geschäften verbannen. Umweltschützer ­begrüßen den Vorstoß, er geht ihnen jedoch nicht weit genug.

Was da in Brüssel vorbereitet wird, könnte das Ende der Trage­tasche als Massenphänomen sein. Die EU-Kommission möchte den Staaten künftig nationale Verbote erlauben. „Plastiktüten sind ein Symbol unserer Wegwerfgesellschaft“, sagt EU-Umweltkommissar Janez Potocik. „Sie bestehen aus Material, das Hunderte Jahre hält, aber wir nutzen es nur für ein paar Minuten.“

Die Tüten verrotten kaum, landen irgendwann im Meer und werden dort zu einer ­Gefahr für Flora und Fauna. Eine Analyse ergab: 94 Prozent aller untersuchten Nordseevögel hatten Plastik im Magen, weil sie die Teile für Nahrung hielten.

Die Deutschen und ihre Beutel

Das Problembewusstsein scheint dennoch gering. Manch einem Supermarkt-Kunden dienen die Polyethylen-Beutel nicht nur als praktische Einkaufshelfer, sondern gleich als Sammelobjekte, Müllsack-Ersatz und Begleiter in allen Lebenslagen.

Die Europäische Union möchte den Verbrauch daher um bis zu 80 Prozent eindämmen, indem die Mitgliedsländer Tüten verbieten oder mit Steuern belegen, so dass sie deutlich teurer würden. Der Vorschlag benötigt die Zustimmung der EU-Staaten und des Europaparlaments. Danach hätten die nationalen Regierungen zwei Jahre Zeit, entsprechende Regelungen zu erlassen.

Nabu fordert deutlich höhere Preise für Plastiktüten

Der Branchenverband Plastics Europe unterstützt die Pläne. ­Tüten seien „zu wertvoll“, um sie umsonst zu verteilen. Auch der ­Naturschutzbund Deutschland (Nabu) spricht sich für deutlich ­höhere Preise aus, „ein Verbot könnte dagegen einen Proteststurm der Handelsverbände auslösen“, fürchtet Nabu-Abfallexperte Benjamin Bongardt. Er kritisiert ­jedoch: „Sich nur auf die Tüten zu beschränken, wäre Symptom­bekämpfung. Plastik ist überall. Die Industrie muss neue, alterna­tive Materialien entwickeln.“

Wie effektiv höhere Preise den Verbrauch verringern, zeigt ein Blick nach Irland. 2002 verbrauchte jeder Ire nach Nabu-Angaben noch über 300 Beutel. Dann führte die Regierung Steuern ein, eine ­Tüte kostet nun 22 Cent. Heute ist der Pro-Kopf-Verbrauch in Irland der geringste in Europa.