Berlin. . Eine Einigung zwischen Union und SPD scheint möglich. Die SPD will 8,50 Euro durchsetzen. In der EU ist der Mindestlohn bereits weit verbreitet.

SPD und Union streiten zwar um einen gesetzlichen Mindestlohn. Doch sind die Fronten bei Weitem nicht so verhärtet wie es im Wahlkampf erschien. Vieles spricht für einen Kompromiss in dieser Frage. Das sind die Fakten:

In Europa haben die meisten Länder gesetzliche Mindestlöhne. Die Spannbreite ist bei diesen 20 Ländern allerdings beträchtlich. Orientierungspunkte aus deutscher Sicht sind Frankreich, das mit 9,43 Euro pro Stunde den zweithöchsten Mindestlohn vorschreibt, oder Großbritannien mit 7,78 Euro. Die SPD will 8,50 Euro durchsetzen, liegt also in der Mitte.

In Deutschland gibt es derzeit 13 branchenspezifische Lohnuntergrenzen. Die Spanne reicht von sieben Euro in der Stunde in Wäschereien bis hin zu 11,53 Euro bei Bergbau-Spezialgesellschaften.

13 Branchenlösungen

Die Union hat in den letzten vier Jahren sieben Mindestlöhne festgelegt. Davon profitieren 3,7 Millionen Beschäftigte, vor allem in Ostdeutschland, wo die Zahl der Niedriglöhner besonders hoch ist. Einen bundesweit geltenden einheitlichen Garantielohn lehnen CDU und CSU bisher ab. Statt dessen wollen sie weiter nach Branchen und Regionen unterschiedliche Grenzen festlegen, wenn es in einer Berufsgruppe keine Tarifverträge mit Entgeltregelungen gibt.

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Der Kompromiss in einer Großen Koalition könnte das sogenannte Thüringer Modell sein. Dieses sieht die Einrichtung einer von der Regierung unabhängigen Kommission vor, der sieben Fachleute von Arbeitgeberseite und Gewerkschaften angehören. Diese Runde legt dann einmal jährlich einen bundesweit geltenden Mindestlohn fest. Vorbild ist England, wo dieses Vorgehen gut funktioniert. Auf der Insel sind auch keine Jobs verloren gegangen, nachdem dort eine Lohnuntergrenze eingeführt wurde.

Höhe umstritten

Die Höhe eines Mindestlohnes ist noch umstritten. Die SPD will 8,50 Euro gesetzlich festschreiben. Auf dieser Basis könnte die Kommission dann nach einem Jahr neu über eine Anhebung der Entgelte beraten. Fachleute raten zu einem geringeren Einstiegsniveau. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung warnt vor Problemen für kleinere Betriebe, wenn der Mindestlohn zu hoch ausfällt und hält daher sieben Euro für ein angemessenes Einstiegsniveau. Wenn dann keine Jobs verloren gehen, könne der Mindestlohn schrittweise angehoben werden, raten die Forscher.

Im internationalen Vergleich weist Deutschland einen besonders hohen Anteil an Geringverdienern auf. Jeder sechste Beschäftigte würde bei einem Mindestlohn von 8,50 Euro mehr verdienen als bisher, insgesamt 5,6 Millionen. Im Nachbarland Frankreich erhält jeder siebte Arbeitnehmer das Minimum, in Großbritannien liegt der Anteil unter fünf Prozent.

Die Tarifautonomie gerät durch einen gesetzlichen Mindestlohn nicht in Gefahr, glaubt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Denn oberhalb der Untergrenze können Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Entgelte frei aushandeln. Der DGB verweist auf andere Regelungen, die die Tarifautonomie auch nicht einschränkten, etwa den Mindesturlaub oder die Höchstarbeitszeiten.