Hagen. .
Der Energieversorger Enervie mit Sitz in Hagen will sämtliche Kraftwerke in Südwestfalen abschalten. Eine entsprechende Stilllegungsanzeige ist in der vergangenen Woche an die Bundesnetzagentur gegangen. Nach Ablauf eines Jahres würden alle fünf Kraftwerke an den Standorten Herdecke, Hagen-Kabel, Werdohl-Elverlingsen und Finnentrop-Rönkhausen vom Netz genommen – darunter ein modernes Gaskraftwerk, das erst 2007 errichtet wurde, sowie ein Pumpspeicherkraftwerk, das im Rahmen der Energiewende als Speichermedium gehandelt wird.
Wie realistisch ein Abschalten aller Anlagen und die damit verbundene Gefährdung von 350 Arbeitsplätzen in diesem Zusammenhang ist, muss sich noch erweisen. Enervie betreibt entlang der A 45 zwischen Hagen und Kierspe ein sogenanntes Inselnetz, das nur mit einer Kupplungsstelle an die großen Überlandnetze angeschlossen ist. „Wenn wir unsere Kraftwerke nicht betreiben, gehen wir davon aus, dass Südwestfalen innerhalb von 24 Stunden einen Blackout erlebt“, sagte Enervie-Vorstand Ivo Grünhagen.
Der zuständige Netzbetreiber Amprion sieht den Fall dagegen gelassen. Die Kraftwerke des westfälischen Versorgers hätten vielleicht für die Region große Bedeutung, für die Netzstabilität des überregionalen Amprion-Netzes seien sie aber nicht relevant.
Der Fall liegt nun bei der Bundesnetzagentur. Die Behörde kann Stilllegungen untersagen, wenn die Kraftwerke systemrelevant sind. Die Betreiber bekommen dann aber eine Entschädigung dafür, dass sie die Anlagen betriebsbereit halten. Und genau darauf legt es Enervie wohl auch an.
Enervie verweist darauf, dass konventionelle Kraftwerke aufgrund des Einspeisevorrangs von Wind- und Sonnenenergie aktuell nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Die prognostizierten Defizite im Bereich Erzeugung summieren sich im Unternehmen auf jährlich 30 Millionen Euro. Grünhagen: „Für uns ist die Stilllegungsmeldung eine existenzielle Frage.“
Der Fall erinnert an die Situation des schwach ausgelasteten Eon-Gaskraftwerks in Irsching bei Ingolstadt. Obwohl es sich um eine der modernsten Anlagen in Deutschland handelt, hatte Eon aufgrund mangelnder Wirtschaftlichkeit die Abschaltung geprüft. Am Ende sagte die Bundesnetzagentur Zuschüsse in zweistelliger Millionenhöhe zu, damit die systemrelevante Anlage im Netz bleiben kann.