Analysten spekulieren über den Wert des Internet-Kurznachrichtendienstes, der an die Börse gehen will. Zahlen muss das Unternehmen erst kurz vor der Aktienausgabe veröffentlichen.
Die Nachricht kam – natürlich – per Kurzmeldung über den eigenen Dienst. „Twitter“ will an die Börse gehen. Das Interesse von Investoren ist angeblich riesig. Dabei ist bisher unklar, wie und ob überhaupt das Unternehmen Geld verdient.
Twitter ist eine Art Nachrichtenagentur, die auf persönlichen Quellen basiert. Jeder kann nach einer kostenlosen Anmeldung Nachrichten (Tweeds) von 140 Zeichen Länge über das Internet versenden. Wenn es sein muss mit einem Klick an Millionen von so genannten Followern, also an der Nachricht und dem Thema Interessierten. Sie alle per SMS oder WhatsApp zu erreichen, wäre unbezahlbar beziehungsweise technisch unmöglich.
Online ist die Seite seit 2006. Zunächst wenig beachtet und stark belächelt als Plattform für den Austausch von Belanglosigkeiten, zählt das Unternehmen mittlerweile zu den am schnellsten wachsenden sozialen Netzwerken. Nach eigenen Angaben hat es mehr als 200 Millionen aktive Nutzer weltweit. Popstars und Politiker nutzen es um ihre Fans und Anhänger zu erreichen, Demonstranten in der arabischen Welt um die staatliche Zensur zu umgehen und auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Barack Obama hat rund 36 Millionen Follower, Pop-Star Justin Bieber angeblich sogar 44 Millionen.
Auch interessant
Geld haben die kostenlos versandten Kurznachrichten der Firma anfangs kaum gebracht. Nur sehr dezent wird bisher Werbung in den unaufhörlichen Strom der Tweeds eingespeist. Das soll sich offenbar bald ändern.
Vor kurzem erst hat Twitter die Firma MoPub gekauft. Sie hilft Unternehmen, Werbung in mobilen Apps zu schalten – ein Standbein, das in Zeiten von Smartphones und Tablets immer wichtiger wird. Und Twitter kann die Werbung gezielter und schneller anbringen als jedes andere soziale Netzwerk. Denn vor allem bei Jugendlichen ist der Dienst längst eine Art zweiter Bildschirm geworden, der sie beim Fernsehen ebenso begleitet wie beim Pop-Konzert.
So ist unter Experten umstritten, was die Firma wert ist. Das „Wall Street Journal“ schätzt sie auf „mehr als neun Milliarden Dollar“. Das würden private Verkäufe von Twitter-Mitarbeitern nahelegen, die Anteile an den Finanzinvestor Black Rock verkauft hätten. Die „New York Times“ spricht von einer Umsatzerwartung für 2013 von rund 600 Millionen Dollar. Und Analysten von EMarketer glauben an 583 Millionen Dollar Werbeeinnahmen in diesem Jahr.
Vertrauliche Anmeldung
All das sind allerdings nur Spekulationen. „Wir wissen nicht, wie es dem Unternehmen in den vergangenen zwei Jahren gegangen ist, gibt der Analyst Trip Chowdhry von Global Equities Research zu bedenken. Das wird sich so schnell auch nicht ändern. Twitter hat seinen geplanten Börsengang nämlich vertraulich angemeldet. Unternehmen mit weniger als einer Milliarde Umsatz im Jahr dürfen das in den USA.
Konkrete Zahlen über Umsätze, Wachstum, Prognosen müssen in solchen Fällen erst drei Wochen vor der Börsenpremiere veröffentlicht werden. Wie die Mitarbeiter der Firma ihre Zeit bis dahin verbringen sollen, hat Twitter ihnen am Freitag – natürlich – in einer Kurznachricht mitgeteilt. „Jetzt zurück an die Arbeit.“