Essen.. Wenn die Getreideernte eingefahren ist, beginnen die Landwirte in diesen Tagen, Dünger auf die Stoppelfelder auszubringen. Neben Phosphor und Stickstoff streuen sie auch tonnenweise Kali auf ihre Äcker, um den Boden für die nächste Saison fruchtbar zu machen. Um das wertvolle Salz ist ein Kampf entbrannt.
Nach Angaben der Landwirtschaftskammer NRW befindet sich der Kali-Preis im freien Fall. Seit April ging er um zehn auf 290 Euro pro Tonne zurück. Zur Freude der Bauern, die Kali, Phosphor und Stickstoff deutlich günstiger einkaufen können.
Zum Leidwesen des deutschen Erzeugers K+S in Kassel könnte der Preis aber noch weiter purzeln. Denn der russische Kali-Produzent Uralkali hat in dieser Woche mit seiner überraschenden Ankündigung, er werde aus dem weltgrößten Kali-Exportverbund BPC aussteigen, für Wirbel in der Branche gesorgt. Weil die Russen ihre eigene Kali-Förderung außerhalb des Kartells erheblich ausweiten wollen, befürchten Investoren einen massiven Preisverfall bei dem Mineral.
Dünger ist für Landwirte billiger
Das zeigte Wirkung: Die Drohung von Uralkali sorgte innerhalb weniger Tage dafür, dass weltweit mehr als 15 Milliarden Euro Börsenwerte von Kali-Produzenten vernichtet wurden. Die Verunsicherung belastete auch die deutsche K+S, die mit 14.400 Mitarbeitern und einem Umsatz von knapp vier Milliarden Euro zu den größten Kali-Produzenten der Welt gehört.
Der Dax-Konzern verlor innerhalb einer Woche rund 40 Prozent seines Börsenwerts. Der Kurs der Aktie stürzte regelrecht ab. Am Dienstag musste das Unternehmen seine Prognose für 2013 kassieren. Die US-Ratingagentur Standard & Poor’s kündigte an, die Kreditwürdigkeit von K+S zu überprüfen.
Doch inzwischen ist wieder ein wenig Ruhe an der Kali-Front eingekehrt: Die Hoffnung auf eine Wiederbelebung des Exportbündnisses zwischen Uralkali und Belaruskali schickte auch die K+S-Aktie am Donnerstag auf Erholungskurs: Die Titel stiegen um bis zu sieben Prozent auf 18,18 Euro. Seit Mittwoch haben die zuvor arg gebeutelten K+S-Aktien damit bereits knapp 14 Prozent gewonnen.
Bill Doyle, Chef des weltgrößten Düngemittelhersteller Potash aus Kanada, geht nicht davon aus, dass das Auseinanderbrechen des Bündnisses von Dauer sein wird. „Der Grund, warum ich das sage, ist, dass die Vernunft in der Regel siegt“, erklärte Doyle. Denn auch der russische Konzern Uralkali, der den Wirbel erst auslöst, hat in den letzten Tagen knapp 20 Prozent verloren.
Förderung in Deutschland teuer
K+S profitiert von der Kali-Allianz, die auseinanderzubrechen droht, in besonderem Maße: In Deutschland ist die Förderung des Salzes, das vor allem als Düngemittel eingesetzt wird, besonders teuer. Die Kasseler unterhalten sechs Bergwerke in Hessen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen sowie unterschiedliche Lagerstätten.
Zudem müssen sie im Gegensatz zu vielen Wettbewerbern hohe Umweltstandards einhalten. Das kostet Geld. Sollten die Erlöse pro Tonne auf unter 300 Euro sinken, wie die Russen prognostizieren, dürfte das K+S hart treffen. Experten schätzen, dass weite Teile der deutschen Produktion dadurch nicht mehr wirtschaftlich und Arbeitsplätze gefährdet wären.
Analysten sehen auch die Expansionspläne des Dax-Konzerns gefährdet: Für drei Milliarden Euro will K+S in Kanada eine neue Mine erschließen. „Wir werden dieses wichtige Vorhaben aufgrund bloßer Spekulationen nicht in Frage stellen“, zeigte sich Konzernchef Norbert Steiner in dieser Woche selbstbewusst.