Essen. . Immer häufiger werden Erben unvermittelt zu Steuersündern: Sie finden auf Schwarzgeldkonten in der Schweiz oder Luxemburg Geld, das verstorbene Erblasser in den 70er und 80er Jahren angelegt und verschwiegen haben. Das dort geparkte Geld muss nachversteuert werden.

Muss Uli Hoeneß hinter Gitter? Auch wenn er „auf Milde“ hofft – sicher ist ein sanfter Ausgang des Verfahrens für den Bayern-Präsidenten nicht. Denn der Bundesgerichtshof fordert seit einem Urteil im Jahr 2012 bei Steuerschulden von über eine Million Euro Haftstrafen ohne Bewährung. Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ geht die Anklage jetzt von einem Steuerschaden von über drei Millionen Euro aus.

Wahr ist aber auch: Die wenigsten Steuerhinterzieher müssen mit einer harten Bandage rechen. Denn anders als die öffentliche Debatte über Hoeneß den Anschein erweckt, verhängen Gerichte nur in seltenen Fällen hohe Geld- und Haftstrafen. Bei insgesamt 94 856 abgeschlossenen Steuerstrafverfahren waren es 2011 gerade 2096 Steuersünder, die durch ein Urteil zu Geldstrafen herangezogen wurden. Nur 277 Angeklagte wurden zur Haft verurteilt.

Staat will zuallererst Einnahmen erzielen

Auch in den Jahren davor sah das kaum anders aus. Das geht aus Zahlen des Bundesfinanzministeriums hervor, die es auf eine Bundestagsanfrage der Linkspartei nannte. Daten für 2012 liegen noch nicht vor.

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Meist würden die Fälle gegen Zahlung einer – nicht immer geringen – Geldauflage eingestellt, erklärt Manfred Lehmann, Chef der Deutschen Steuergewerkschaft in NRW. „Die Einstellung ist fast normal - auch, weil die Verfahren sehr aufwändig sind und die Finanzverwaltung im Strafverfahren die Beweislast hat“. Überdies liege dem Staat selbstverständlich zunächst daran, Einnahmen zu erzielen.

In nicht wenigen Fällen werden Steuerzahler unvermittelt zu Steuerhinterziehern. Denn zunehmend sind es Erben, die Ärger mit dem Finanzamt bekommen. Sie finden auf Schwarzgeldkonten in der Schweiz oder Luxemburg Geld, das verstorbene Erblasser in den 70er und 80er Jahren angelegt und verschwiegen haben.

Wer Schwarzgeld findet und verschweigt, macht sich strafbar

Anton Steiner, Vorstandsmitglied des Deutschen Forums für Erb­recht, sagte: „Das Problem ist über Jahre gewachsen“. Er warnt: Auch Erben müssten „schnell handeln und die Konten den Finanzbehörden melden. Tun sie das nicht, machen sie sich strafbar“. Eine „Familientradition“ dürfe nicht fortgesetzt werden.

Gerade in den 70er und 80er Jahren habe es für das Verhalten der älteren Generation Motive gegeben: „Die relativ hohe Kapitalertragsteuer, die frühere Vermögenssteuer oder auch Ängste im Kalten Krieg, Deutschland könne kommunistisch werden“, sagt Steiner. Der Betrag müsse - mit Einkommens- oder auch Kapitalertragssteuer - nachversteuert und bei der Berechnung der Erbschaftssteuer berücksichtigt werden. Dennoch bleibe meist genug Geld übrig.

Transfer über die Grenzen

Geld auf „Opas Schwarzkonto“ ist vielfach persönlich ins Ausland gebracht oder dort abgeholt worden. Wie intensiv der „kleine Grenzverkehr“ mit Bargeld verläuft, ergibt sich auch aus der Finanzminister-Statistik. So sind heimliche Bargeld-Transfer im Wert von über 10 000 Euro beim Hauptzollamt Koblenz an der Autobahn nach Luxemburg im Jahr 2011 erst 96 mal, 2012 aber schon 119 Mal registriert worden. Wichtigster Schauplatz für die Fahnder ist aber die Grenze zur Schweiz. Der Zoll in Singen meldete 2011 1156 Fälle, im letzten Jahr bereits knapp 2000 Fälle von unangemeldeten Bargeldtransfer.