Essen/Rottweil. . Im Schwarzwald soll ein 235 Meter hoher Turm für Tempo-Fahrstuhl-Tests entstehen

Paris hat seinen Eiffelturm (324 Meter), Berlin seinen Alex (368 Meter) – und das beschauliche Rottweil im Schwarzwald wohl demnächst ThyssenKrupp. Die Aufzugssparte des Essener Stahlriesen will in dem beschaulichen Städtchen einen immerhin 235 Meter hohen Testturm für Hochgeschwindigkeits-Fahrstühle errichten. Mit zehn Metern pro Sekunde, womöglich schneller, sollen zehn Fahrstühle in dem Riesen aus Glas und Stahl rauf- und runterrauschen. Im Jahr 2016 könnte der knapp 40 Mio. Euro teure Turm stehen. Die Planungen sind weit gediehen; in Rottweil selbst stößt das Projekt auf breite Unterstützung.

So könnte es künftig laufen: Investoren aus Fernost oder den Arabischen Emiraten kommen am Flughafen Zürich an, gucken sich in Rottweil Aufzüge an und unterzeichnen dann im 130 Kilometer entfernten Neuhausen bei Stuttgart die Verträge, wo ThyssenKrupp ein Aufzugswerk betreibt (wird derzeit für 81 Mio. Euro modernisiert). Präsentationen aber sind nur ein Zweck

des geplanen Turmes, vor allem gehe es darum, die im Neuhausener Technologiezentrum entwickelten Systeme zu prüfen, so eine Unternehmenssprecherin. Dabei habe man ganz besonders Sicherheitsbelange im Blick.

Für Thyssen-Krupp Elevator hängt viel am Turmbau: „Wir wollen künftig noch stärker in den Wachstumsmärkten aktiv sein, und jeder Global Player muss seine Aufzüge testen“, so die Sprecherin. Vor allem in Asien oder Südamerika werden Hochhäuser immer höher, 600, 800 und mehr Meter. Solche Höhen werden von Fahrstühlen zwar nicht in

einem Stück überwunden, sondern auf mehrere Aufzüge verteilt. Aber auch die müssen geprüft werden. Und das ist in Neuhausen nicht möglich. Dort gibt es eine Testanlage, aber die ist zu klein für künftige Herausforderungen. Der Bau eines Testturmes in Neuhausen würde die Einflugschneise des Stuttgarter Flughafens behindern.

Nähe zu Hochschulen

Bei der Suche nach einem Alternativstandort sind die ThyssenKrupp-Leute relativ rasch in Rottweil gelandet, weil man nicht zu weit weg vom Werk sein wollte. In Rottweil (knapp 25 000 Einwohner) behindert der Turm, der in einem Gewerbegebiet im Neckartal etwas außerhalb von der Stadt stehen soll, keine Flugzeuge. Mehrere Universitäten sind in der Nähe, können sich in Technologiefragen einbringen. Auch die Beschaffenheit des Bodens ist gut; das Fundament des Turmes findet in Kalkstein festen Halt. Wichtig, so die Unternehmenssprecherin, sei aber gewesen, dass das Projekt vor Ort Rückhalt findet. „ThyssenKrupp ist uns hochwillkommen“, versichert Rottweils parteiloser Oberbürgermeister Ralf Broß. Er verspricht sich eine nachhaltige Stärkung des Wirtschaftsstandorts. Mit großer Mehrheit leitete der Stadtrat jetzt das planungsrechtliche Verfahren ein; vereinzelt gibt es aber auch Sorgen ums Stadtbild von Baden-Württembergs ältester Kommune. ThyssenKrupp hofft, vielleicht schon Anfang nächsten Jahres bauen zu können. Besonders arbeitsplatzintensiv ist der Testturm nicht: Für den Betrieb rechnet ThyssenKrupp Elevator mit fünf Mitarbeitern, bei Schulungen und Präsentationen sollen etwa 40 Personen vor Ort sein.

Für Rottweils Rathauschef zählt, dass die Stadt mit der Ansiedlung ein Forschungsstandort in einer Zukunftsindustrie werde: „Aber auch touristisch kann sich das markante Gebäude zu einem Anziehungspunkt entwickeln“, ist Broß überzeugt. Der Turm wäre das dann höchste Gebäude Baden-Württembergs – und in 200 Metern Höhe ist eine Aussichtsplattform mit Restaurant im Gespräch.