Hagen/Meschede. .

Während die Politik weiter über eine gesetzliche Regelung der Erdgasförderung durch die sogenannte Fracking-Methode streitet, bleiben die Gegner klar positioniert: Sie fordern ein sofortiges und ausnahmsloses Verbot des Verfahrens, bei der das Gas mit Hilfe von Wasser, Sand und eines Chemie-Cocktails aus tiefem Gestein herausgepresst wird (Hydraulic Fracturing). Dabei wollen sie insbesondere den anstehenden Bundestagswahlkampf nutzen, um sich Gehör zu verschaffen – sogar mit einem Anti-Fracking-Spot.

Für manchen Politiker, der sich um einen Sitz im Berliner Parlament bewirbt, mag die Ankündigung der Fracking-Gegner wie eine Drohung klingen: „Wir werden jeden einzelnen Kandidaten zu seinem Standpunkt befragen und anschließend gezielte Wahlempfehlungen machen.“ Das kündigt Herbert Hesse von der Bürger-Initiative gegen Gasbohrungen (BIGG) im Hochsauerland an. In die gleiche Kerbe schlägt Paul Bludau von der Interessengemeinschaft gegen Gasbohrungen im Märkischen Kreis. Vermeintliche Gegner der Förder-Methode in der Politik ließen sich „ein Hintertürchen offen“, urteilt der Neuenrader.

Schutz der Talsperren

Den Fracking-Gegnern geht es um den Schutz der Wasserreservoirs, um die Talsperren im Sauerland etwa, die die Menschen bis ins Ruhrgebiet mit Trinkwasser versorgen. Deshalb sind sie geradezu aufgebracht über die Haltung des EU-Kommissars und früheren Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Günther Oettinger (CDU). Kaum sei der Bodensee als Schutzgebiet gesichert, da erneuere der Württemberger seine Unterstützung für das Fracking.

„Ist die Chemie erst einmal im Boden, kriegt man sie nicht mehr raus“, sagt Gaby Hesse von der BIGG aus Meschede – und befürchtet noch Schlimmeres: „Im Umfeld der Hennetalsperre steht das Schiefergestein senkrecht. Durch kleinste Risse und Kapillaren könnte der Chemiecocktail im Boden aufsteigen und das Wasser erreichen.“ Ihr Mann Herbert pflichtet bei: „Es gibt kein sauberes Fracking“, hält er der Position von Landeswirtschaftsminister Gerald Duin entgegen. Dem SPD-Politiker im Kraft-Kabinett bescheinigt auch Dirk Jansen von der Umweltstiftung BUND in Düsseldorf „semantische Verrenkungen“.

Als „Trauerspiel“ bezeichnet Jansen das CDU-Verhalten auf Bundesebene. Die Verordnungsentwürfe des Bundesumweltministeriums hält er „für unzureichend, um Menschen und Umwelt zu schützen“.

Brauereien als Geldgeber?

Den Hype um die Nutzung von Erdgasvorkommen, die bislang nicht gefördert wurden, versteht Jansen nicht. „Wirtschaftlich werden diese Vorkommen in Deutschland, anders als in den USA, nicht benötigt.“ Der größte Teil des Erdgasverbrauchs lasse sich durch effiziente Gebäudedämmungen „einsparen“. Der BUND unterstützt die Bürgerinitiativen. „Fracking lässt sich nicht regeln, sondern nur verbieten“, sagt Dirk Jansen.

Das Unternehmen Wintershall, das sich für die nördlichen Teile von Hochsauerland- und Märkischem Kreis sowie für Teile des Kreises Soest die Aufsuchungsrechte gesichert hat, wollte zu den Auseinandersetzungen keine Stellung nehmen; Unternehmenssprecher Stefan Leunig verwies auf das Moratorium, an das sich Wintershall weiter halte. „Jede Bohrung müsste angemeldet und von der Bezirksregierung genehmigt werden“, sagt Stefan Leunig und verweist darauf, dass Wintershall zunächst lediglich „flache Kernbohrungen“ anstrebe, um Gesteinsproben aus 200 bis 250 Metern Tiefe im Labor auf Schiefergasvorkommen untersuchen zu lassen.

Selbst davon wollen die Umweltaktivisten aus dem Hoch- und dem Märkischen Sauerland nichts wissen. Sie haben sich unlängst, gemeinsam mit bundesweit 24 anderen Gruppen, der „Korbacher Erklärung“ angeschlossen – und die fordert „ein ausnahmsloses Verbot sämtlicher Formen von Fracking“; selbst Bohrungen zu wissenschaftlichen Zwecken lehnt die Vereinbarung ab.

Unterstützung könnten die Aktivisten jetzt aus der Filmbranche bekommen. Ein Kölner, der für Film und Fernsehen arbeitet, möchte einen Anti-Fracking-Spot drehen. Gesucht werden noch mögliche Geldgeber. Mineralwasser-Brunnen und Brauereien, die auf sauberes Wasser angewiesen sind und damit werben, sollen dazu angefragt werden.