Düsseldorf/Bonn. Die Telekom stößt mit ihren Plänen für eine Internet-Datenbremse weiter auf Kritik. Während die Verbraucherzentrale (VZ) NRW das Unternehmen abmahnt und auffordert, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben, bittet die Bundesnetzagentur beim Telekomchef persönlich um Klärung.

Der Protest gegen die Telekom reißt nicht ab. Nun mahnt die Verbraucherzentrale (VZ) NRW das Unternehmen ab: Die seit dem 2. Mai geltenden Klauseln müssten wieder aus den DSL-Verträgen gestrichen werden. Die Kunden der Telekom sollen, wenn sie ein bestimmtes Datenvolumen überschreiten, für den Rest des Monats auf ein "Schneckentempo" ausgebremst werden - trotz Flatrate-Vertrag.

Die Verbraucherschützer sehen es als unangemessene Benachteiligung der Verbraucher an, dass deren heimischer Internetzugang auf eine Übertragungsgeschwindigkeit von 384 kbit/s gedrosselt werden soll. So stehe es in den Vertragsbedingungen der Telekom für DSL-Verträge (Call&Surf, Entertain), sobald ein vom jeweiligen Tarif abhängiges Datenvolumen (z.B. 75 GB) im Monat überschritten wurde. Dies bedeutet beispielsweise für VDSL-Kunden, denen eine Geschwindigkeit bis zu 50 MBit/s zustehe, eine satte Reduzierung der Surfgeschwindigkeit um bis zu 99,2 Prozent, hat die Verbraucherzentrale errechnet.

Daten-Drosselung mache moderne Internetnutzung unmöglich

Die verbleibende Übertragungsrate von 384 kbit/s mache eine zeitgemäße Nutzung des Internets unmöglich. Während die Geduld der Kunden bereits beim Aufruf von Internetseiten oder dem Versenden von E-Mails auf eine harte Geduldsprobe gestellt werde, seien manche Online-Dienste praktisch nicht mehr nutzbar.

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"So dürfte ein unterbrechungsfreies Anschauen von Internetvideos regelmäßig scheitern und auch das Musikhören oder Telefonieren via Internet nicht mehr ohne Qualitätseinbußen möglich sein. Greifen wie üblich mehrere Anwendungen des Endgeräts gleichzeitig auf das Internet zu oder nutzen gar mehrere Endgeräte gleichzeitig den Internetanschluss, droht die Verbindung an der Drosselung zu ersticken", so der für die Verbraucherzentrale tätige Rechtsanwalt Thomas Bradler.

Bis 16. Mai soll Telekom Unterlassungserklärung unterschreiben

Das bedeutet nach Ansicht der VZ eine nicht hinnehmbare Benachteiligung der Verbraucher. "Die Anbieter übertreffen sich in der Werbung für Internettarife seit jeher mit Flatrate- und Geschwindigkeitsversprechen", wird der NRW-Verbraucherzentralenvorstand Klaus Müller in einer Mitteilung zitiert. Das Verhalten der Telekom erinnere an Gutsherren. "Wer Verbrauchern den Saft fürs Surfen dann übers Kleingedruckte derartig abdreht, lässt sie auf der Datenautobahn auf der Standspur stranden und nimmt ihnen damit die Möglichkeit zum diskriminierungsfreien Zugang zu allen Diensten."

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Die VZ hat dem Unternehmen nach eigenen Angaben bis zum 16. Mai Zeit gegeben, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben. Ansonsten müssten die Gerichte entscheiden, ob die Drossel-Klausel zulässig ist oder nicht.

Bundesnetzagentur rügt Informationspolitik

Auch die Bundesnetzagentur hat von der Deutschen Telekom Klarheit über ihre Pläne verlangt. Behördenpräsident Jochen Homann sagte, er habe einen Brief an Konzernchef Rene Obermann geschrieben und um eine Antwort bis Mitte des Monat gebeten. Die Telekom müsse für Transparenz und Netzneutralität sorgen. "Netzneutralität heißt eben, dass es keine Diskriminierung von anderen Anbietern oder umgekehrt eine Bevorzugung des eigenen Angebots geben kann." Grundsätzlich stehe es der Telekom frei, wie sie ihre Tarife gestalte. Die Kunden hätten ja die Möglichkeit, den Anbieter zu wechseln.

Es müsse gewährleistet sein, dass die Kunden bereits bei Vertragsabschluss über die Bedingungen informiert seien, betonte Homann. Auch müssten sie während des Vertrags über das verbrauchte Datenvolumen informiert sein. Die Behörde kritisierte, die Telekom stelle nur schrittweise klar, welche Pläne sie habe: Zunächst habe es den Anschein gehabt, als wenn nur neue Kunden betroffen seien, inzwischen sei klar, dass es auch Bestandskunden treffen kann, etwa wenn diese den Tarif wechseln. (mit Reuters)